Der neue Liederabend von Franz Wittenbrink wurde bei seiner Premiere am Montagabend im St. Pauli-Thetaer mit großem Jubel und absolut verdienten Bravos gefeiert.
Hamburg. Riesenapplaus, Fußgetrampel, verzücktes Jauchzen, Zugaben- und Bravorufe die Zuschauerreaktionen nach der Premiere von "Nachttankstelle" am St Pauli-Theater ließen keinen Zweifel daran: Hamburgs bestes Musical läuft seit gestern auf dem Kiez. Es ist ein Weihnachtsmärchen für Erwachsene, das dem Ensemble um Franz Wittenbrink geglückt ist und einer der besten Wittenbrink-Liederabende seit ja, vielleicht sogar seit "Sekretärinnen". Sein Erfolgsrezept allerdings ist seither weitgehend dasselbe geblieben. Ein paar große Hits der Musikgeschichte (und zwar von Bach und Schubert bis zu Amy Winehouse und Deichkind), kombiniert mit einem ungewöhnlichen Setting, das weitgehend den roten Faden für ein schräges Figurenpanoptikum aus einigen begabten Schauspielersängern bildet.
Dabei ist es mit gelungenen Liederabenden am Theater ähnlich wie mit fesselnden Bestsellern am Literaturmarkt: Am Ende ist das Ganze eben viel mehr als bloß die Summe seiner Einzelteile. So auch am St. Pauli-Theater, wo ein hervorragendes Ensemble auf der fast originalgetreu rekonstruierten Esso-Kieztanke die richtige Balance zwischen Komik, Pathos und leiser Rührung findet. Zu den absoluten Höhepunkten gehören Marion Martienzens Tina-Turner-Seniorenversion "Proud Mary", Tim Reingrubers Deichkind-Cover "Krawall und Remmidemmi", Georg Meyer-Golls philosophischer Heidegger-Digger-Rap, Anne Webers sanft-böses "Autumn leaves", Vicoria Fleers deutsche Amy-Winehouse-Version, Peter Frankes zarter "Leierkastenmann" und Erik Schäfflers "White Christmas" im Ganzkörper-Eisbärenkostüm. Am Ende fallen sogar die Benzinpreise auf unter 50 Cent. Mehr Bescherung geht nicht.