Ende der Woche war es, da fuhr das Schiff, auf dem ich mich befinde, unter lautem Tuten aus dem Hafen, und da dachte ich, was für schöne und...
Ende der Woche war es, da fuhr das Schiff, auf dem ich mich befinde, unter lautem Tuten aus dem Hafen, und da dachte ich, was für schöne und gefährliche Bilder die Seefahrt für das Zusammenleben zu zweit, auch Ehebund genannt, bietet: den Hafen der Ehe, in dem man sicher landet und den man nicht mehr verlassen sollte, weil draußen, auf den Meeren der Welt, man in unruhige Gewässer gerät, ja zu stranden droht. Und schon musste ich in der Bordzeitung bei der Abfahrt aus Port Louis auf Mauritius lesen: "Mann über Bord". Es handelte sich um Martin Krug, den Lotsen und Anker und Kapitän im Ehe- und Liebesleben seiner Frau Veronica Ferres.
Mit blankem Entsetzen las ich, dass auch diese Ehe, die man als die glücklichste, treueste, beständigste kannte, in den öffentlichen Fluten zerschellt bzw. verschollen war. Hatten die beiden ihr Glück nicht zweistimmig wie einstimmig in den höchsten Tönen besungen wie eine einzige Glückskantate, gegen die der jubilierende Gesang einer Haubenlerche wie tapsiges brummiges Froschgequake wirkte?
Schon beim Kennenlernen überfiel Deutschlands begnadetste Schauspielerin und Selbstdarstellerin eine Romeo-und-Julia-Ahnung: "Ich sah in diese stahlblauen Paul-Newman-Augen (nämlich die Martin Krugs) und dachte nur noch: Lieber Gott, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, das wird gefährlich!" Krug und Kelch am Ölberg, o Jesus mein! Stattdessen ging der Krug so lange zu ihrem Munde, bis er brach. Im verflixten siebenten Jahr.
Und so erklärte sie, ganz souverän Regierungssprecherin ihrer zerbrochenen Zweierkoalition: "Trotz aller ehrlichen Bemühungen hatte unsere Ehe keine Zukunft mehr. Vielleicht waren wir zu viel für andere da und hatten zu wenig Zeit für uns selbst!" Eine Umschreibung fürs Fremdgehen? Keineswegs! Ein Bekenntnis zum Altruismus, zum Publikum, zu den anderen.
Beim Fernsehpreis, den sie im Unterschied zu Marcel Reich-Ranicki annahm, und zwar persönlich, hat sie ihr unauflösliches Dilemma geschildert. Sie wollte an diesem Abend eigentlich zu Vitali Klitschko oder mit ihrem Mann zum Fußballländerspiel. Oder umgekehrt?
Egal. Sie gingen zum Fernsehpreis. Und waren wieder nur für andere da. Und der Kelch ging zur Neige. Und der Krug zerbrach.