Ihr Stil gilt als zeitlos, elegant und wird immer wieder mit Purismus beschrieben. Der Titel “Queen of Less“ (Königin des Wenigen) gilt auch für Jil...

Ihr Stil gilt als zeitlos, elegant und wird immer wieder mit Purismus beschrieben. Der Titel "Queen of Less" (Königin des Wenigen) gilt auch für Jil Sanders Privatleben - zumindest wenn es gilt, es vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Hanseatisches Understatement und Zurückhaltung, wo es nur geht.

Und so wird die in Wesselburen (Kreis Dithmarschen) geborene Heidemarie Jiline Sander ihren 65. Geburtstag heute zurückgezogen, ohne großes Aufhebens begehen. Vermutlich an ihrem Zweitwohnsitz Ibiza im Kreise ihrer engsten Freunde und Lebensgefährtin Angelica "Dickie" Mommsen. Auf der Balearen-Insel lebt Jil Sander seit Jahren in gleich mehreren Häusern, wie Bekannte berichten. Mit ihrem Drang zum absoluten Perfektionismus baut sie dort ständig um, verändert, entwirft immer wieder neu.

Dagegen wirkt ihre weiße Stadtvilla in Hamburg-Pöseldorf, wo sie mit 24 Jahren auch ihre erste Boutique eröffnete, beinahe unscheinbar. Nachbarn sehen Jil Sanders dunklen Bentley oder Audi Station Wagon nur selten aus der Einfahrt kommen. Bei Plön hat Jil Sander außerdem ein traumhaftes Landhaus, dessen Garten Landwirt Moritz Prinz von Hessen anlegte. Jil Sander liebt das raue Klima und die Landschaft Ostholsteins. Sie hat immer in ihre Umwelt und die Natur investiert. Sylt, die Lieblingsinsel der Hamburger, war Jil Sander immer zu öffentlich. Sie hasst den dortigen Rummel, das Sich-zur-Schau-Stellen. Als sie vor einigen Jahren beim traditionellen Krebsessen des Ehepaars Baumann in Morsum als Gast im weißen Porsche Cayenne vorfuhr und einen Pulk Fotografen erblickte, drückte sie aufs Gaspedal und fuhr gleich wieder davon. Dabei warb noch in den 90er-Jahren ihr markantes Gesicht für ihre Kosmetik- und Accessoire-Linie.

Gesellschaftliche Veranstaltungen besucht Jil Sander nur noch selten, pflegt aber ihren beständigen Freundeskreis, zu dem auch Hamburgs Galeristin Vera Munro zählt. Sie genießt bei ihnen den Ruf der intelligenten, schlagfertigen und auch höchst amüsanten Gastgeberin.

Durch die Hamburger Innenstadt sieht man die Mode-Ikone der 80er- und 90er-Jahre dagegen selten gehen. Und wenn, dann ist Jil Sanders Gesicht hinter einer großen dunklen Sonnenbrille versteckt. Dann huscht sie, einem Gespenst ähnlich, an einem vorbei. Ihre "Garderobe" - schwarzes, graues oder maximal cremefarbenes Edeltuch - ist unauffällig. Böse Zungen würden vielleicht von Tarnkleidung sprechen. Aber gerade dieser Look ist es, der weltweit vor allem bei Geschäftsfrauen großen Anklang fand und findet. Ein in Deutschland bis dahin unbekannter Stil in der Damenmode, den die studierte Textilingenieurin und ehemalige Moderedakteurin ("Constanze", "Petra") von Hamburg aus Mitte der 70er-Jahre schließlich zu einem Imperium ausbaute. "Jil Sander ist das Dollste, was ich je kennengelernt habe. Ein Mensch mit unglaublicher Energie und einem bewundernswerten Erfolg in einer doch männerbestimmten Branche", sagt Designer Peter Schmidt über seine langjährige berufliche Gefährtin, die er auch als fantastische, unkomplizierte Reisebegleiterin beschreibt.