“Aus gegebenem Anlass“ - das Gespräch zwischen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (88) und Entertainer Thomas Gottschalk (58) war erwartbar enttäuschend. Jeder konnte seine Meinung äußern, aber ändern wird sich nichts.

Das war also die ultimative Auseinandersetzung zur Qualität im deutschen Fernsehen!? Erwartbar enttäuschend. Was soll auch herauskommen, wenn sich ein Literaturkritiker, der keinen Überblick über das Programm hat, und ein Moderator, für den Fernsehen zum Leben gehört wie das Salz in der Suppe, genau darüber unterhalten sollen.

Marcel Reich-Ranicki forderte, das Fernsehen müsse sich mehr Mühe geben, Unterhaltung ja, aber mit Niveau - wie einst bei Schiller, Shakespeare und Bert Brecht (als ob diese Dichter und Denker noch nie verfilmt worden wären). Was aber gefiel dem Kritiker nicht an Dürrenmatts "Besuch der alten Dame"? Angeblich hat er die ARD-Verfilmung mit Christiane Hörbiger ja gesehen - "aber letztlich war es auch nicht gut". Da hätte man gern gewusst, warum. Thomas Gottschalk aber gefiel sich in der Rolle des vehementen Verteidigers der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender. Er warb um Verständnis für die Erfolgsnöte der Fernsehmacher, behauptete, dass man 17-Jährigen gar nicht erst mit Shakespeare kommen müsse, und warnte Reich-Ranicki: "Wenn Du übers Fernsehen weinst, musst Du Dich erschießen, wenn Du ins Internet gehst." Immerhin erinnerte der "Wetten, dass....?"-Moderator seinen Gesprächspartner daran, dass dieser durch das Fernsehen erst so richtig bekannt geworden sei.

Man darf gespannt sein, was der alte Herr zur Verfilmung seiner Autobiographie "Mein Leben" sagt. Noch habe er keine einzige Szene gesehen, murrte er - dass er aber glücklich und stolz ist, davon kann man getrost ausgehen.

Vielleicht gibt es ja auch dafür irgendwann mal einen Deutschen Fernsehpreis?! Seinen gläsernen Obelisken, den er am vergangenen Wochenende überraschend abgelehnt hatte (seine "Blödsinn"-Rede war ja der Auslöser zu dieser Sondersendung "Aus gegebenem Anlass"), behält jetzt nach der Hamburger Produzentin Katharina Trebitsch erst einmal Thomas Gottschalk in seiner Obhut. Bei Sinneswandel oder wenn die Gegenrede etwas bewirken sollte, dann will dieser den Preis persönlich abliefern.

Gottschalk bilanzierte die Diskussion so: "Jeder hat seine Meinung gesagt, und die Karawane zieht weiter. Ändern wird sich gar nichts. Aber die Menschheit hat derzeit auch größere Probleme als das Fernsehprogramm."

Übrigens: Einer Umfrage zufolge hält knapp die Hälfte der Bundesbürger (48 Prozent) das Niveau der deutschen Fernsehprogramme unterm Strich für mittelmäßig. 37 Prozent gaben in der Befragung des Meinungsinstituts Forsa im Auftrag von n-tv an, es sei niedrig oder sehr niedrig. Nur elf Prozent sprachen von einem hohen oder sehr hohen Niveau.