Die Abschlussarbeit der angehenden Werbekaufleute ist so vielversprechend, dass die Deutsche Nationalstiftung ein bundesweites Filmprojekt daraus machen will.

Hamburg. Begegnung vor einigen Jahren auf einem Fest. Ein sympathischer, intelligenter Mann stellt sich vor und fügt hinzu: "Ich arbeite für die Deutsche Nationalstiftung." Ich trete innerlich einen Schritt zurück, habe Aufmärsche und Stahlhelme vor Augen. Er lächelt wissend. "Nein, nicht was Sie denken. Helmut Schmidt ist einer unserer Gründer, Michael Otto auch und Gerd Bucerius." Ich atme auf. Dann kann es nichts Schlechtes sein.

Nation, national - diese Begriffe sind für ältere Generationen unter den Deutschen oft sinnbildlich verbrannte Erde, scheinbar getränkt vom Gift des Nationalsozialismus. Doch wie geht die junge deutsche Generation damit um? Genau dieser Frage sind drei junge Hamburger nachgegangen. Die angehenden Werbekaufleute, Auszubildende bei der Agentur Springer & Jacoby sowie Schüler der angesehenen Beruflichen Medienschule Hamburg-Wandsbek, einer Berufsschule für die Werbe-, Verlags- und Medienwirtschaft, stellten für ihre Abschlussarbeit ein äußerst ehrgeiziges Projekt auf die Beine.

Als virtuellen Kunden für ein Werbekonzept suchten sie sich nicht den kleinen Laden an der Ecke, sondern die Deutsche Nationalstiftung. Mit der Aufgabenstellung: "Wie bringt man den Gedanken der Nation an Schülerinnen und Schüler der 8., 9.und 10. Klassen von Gesamtschulen heran?" Entwickelt hatte den brisanten Auftrag der Lehrer der drei Schüler, Detlef Josch, zusammen mit dem geschäftsführenden Vorstand der Nationalstiftung, dem Hamburger Staatsrat a. D. Dirk Reimers.

"Wir müssen den Begriff der Nation aus der rechtsextremen Ecke herausholen und ihn da hinbringen, wo er hingehört: nämlich in die Mitte der Gesellschaft", sagt Reimers. "Wie Helmut Schmidt bei der Gründung sagte: ,Wir dürfen den Begriff Nation nicht den Extremisten und den Feinden Europas überlassen.'"Katharina Renne und Anna Vogelpohl, beide 23 Jahre alt, sowie Peter Paul Plambeck, 24, entwickelten zunächst einen umfangreichen Fragebogen, den sie dann an drei Gesamtschulen in den Städten Ahlen und Saerbeck im Münsterland sowie im niedersächsischen Oldenburg verteilten. "Gesamtschulen deshalb, weil sie für unser Projekt repräsentativer sind - Hauptschüler beschäftigen sich oft zu wenig und Gymnasiasten eher zu intensiv mit dem Thema Nation", meinen die Autoren.

Und die Münsterländer Region kam deshalb infrage, weil alle drei dort selber zur Schule gegangen sind. Insgesamt kamen 562 ausgefüllte Bögen zurück. Die Auswertung war eine dicke Überraschung: Die befragten 15- bis 17-Jährigen mussten nicht erst an ein Nationalgefühl herangeführt werden - die jungen Deutschen hatten es längst auf eine unverkrampfte Weise verinnerlicht. So antworteten 96 Prozent, dass sie sich Deutschland zugehörig fühlten. 87 Prozent gaben an, während der Fußball-Weltmeisterschaft "Stolz" auf ihr Land empfunden zu haben.

Doch dies scheint kein Nationalstolz zu sein, aus dem sich Kapital für rechtslastige Ideologien schlagen lässt. Im Gegenteil: Etliche Schüler erklärten, stolz zu sein, "weil wir Gastgeber für Freunde aus aller Welt waren". Und viele waren auf den Zusammenhalt ihres Volkes stolz: "Ich war stolz, weil der Zusammenhalt phänomenal war, wir Deutsche sind zusammengerückt, wir sind eine Nation!" Wie die Studie zeigt, spiegelt sich ein nationales Selbstbewusstsein der Jugendlichen auch in einem unbefangenen Umgang mit den deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold wider.

Die Schüler waren fast alle völlig verwundert über die Frage. "Hättest du ein Problem, im Ausland zu sagen: ,Ich bin ein Deutscher'?" Gerade mal sechs Prozent hätten damit ein Problem, der Rest erklärt, "stolz auf Deutschland zu sein und zu diesem Land auch zu stehen".

73 Prozent der Jugendlichen gaben an, sie sähen sich in erster Linie als Deutsche und dann erst als Europäer. Und auf die Frage, ob die Deutschen etwas an ihrer Einstellung zu ihrem Land ändern sollten, meinte die Hälfte, das sei nicht erforderlich. Die andere Hälfte forderte eine verständnisvollere Haltung gegenüber Ausländern und ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl im Volk. 89 Prozent meinten mit Blick auf die Fußball-WM 2006: "Ich würde gern wieder ein solches Wir-Gefühl haben, weil ich es gut finde, wenn wir als Nation zusammenhalten."

"Eine so verbreitete positive Einstellung gegenüber unserer Nation hatten wir nicht erwartet", erklären die überraschten drei Autoren der Studie. "Die Mehrzahl der Jugendlichen von heute sieht kaum Probleme darin, das Wort ,Stolz' in Bezug auf ihr Land zu benutzen."

Katharina Renne, Anna Vogelpohl und Peter Paul Plambeck regen daher eine andere Werbestrategie für die Deutsche Nationalstiftung an. Der Begriff "Nation" muss nicht mehr positiv besetzt werden - er ist es längst.

Die drei Schüler haben daher eine Kampagne mit dem Titel "Deutschland ist mehr als Fußball" entwickelt, die nun vor allem das Bedürfnis der Jugend nach mehr Zusammengehörigkeit aufgreift. Jugendliche sollen animiert werden, mit Handy- oder Videokamera gemeinsam Filme zum Oberthema Deutschland zu drehen und in einem Internet-Forum zu zeigen. Der beste Film - gewählt von den Internet-Usern - könnte von einem Regisseur nachgedreht und dann im Kino gezeigt werden. Mit Plakaten, Aufklebern, Buttons etc. könnte für die Idee bundesweit geworben werden. Die Schüler entwickelten auch ein Logo für das Projekt - Deutschland 2008 im Scherenschnitt, von dem Impulse wellenförmig abstrahlen.

"Ich bin sehr beeindruckt", sagt Dirk Reimers, "dies ist ein wirklich umsetzungsfähiges Konzept." Und dann überrascht der bisher nur virtuelle Kunde die drei jungen Werber: "Und ich denke, dass wir als Stiftung darangehen werden, das auch so zu realisieren." Reimers fügt hinzu: "Wir haben bei der WM erlebt, wie junge Leuten die älteren etwas gelehrt haben: den lockeren, entspannten Umgang mit der eigenen Fahne und mit der anderer Länder. Und dieses Projekt liegt genau auf jener Linie."