Wenn Kuno Dreysse erzählt, werden Jahrzehnte Hamburger Musikgeschichte lebendig.

Musikmagazin: Kuno's. 20.15 Uhr Hamburg 1

Wenn man mit Kuno spricht, kann es gut passieren, dass man die Zeit vergisst. Oder genauer: dass an die Stelle der aktuellen die alte Zeit tritt. Damals, als die Beatles im Hamburger Star-Club ihre Karriere begannen. 1962, Kuno war 17, und wenn er erzählt, werden Jahrzehnte Hamburger Musikgeschichte lebendig. Heute ist der 61-Jährige ein lebendes Archiv. Einer, der jeden kennt und zahlreiche Pop-Größen - von B.B. King über Joe Cocker, David Crosby, Status Quo bis zu Santana - vor der Kamera hatte. Kein Wunder, dass heute Abend bei Hamburg 1 zum 600 (!) Mal sein Magazin "Kuno's" ausgestrahlt wird.

Kuno Dreysse heißt eigentlich Michael mit Vornamen, doch in seiner ersten Band "gab es schon zwei Michaels, und so wurde ich Kuno". Gelernt hat er Akkordeon, doch sein Lehrer meinte, die Gitarre sei wohl besser für ihn. Also stieg er um, seine erste Klampfe war eine "Peter-Kraus-Gitarre mit vier Saiten". In Bandkreisen, erzählt er, wurde seine Gitarre damals auch "das Geräusch" genannt. Kuno stieg auf Bass um - und bei den Rivets ein. "Nach den Rattles und den Lords waren wir die Nummer drei in Deutschland." Der Plattenverkauf - sieben Singles, eine LP - war überschaubar, richtig gut waren die vier "süßen" Jungs mit Henner Hoyer als Sänger auf der Bühne. So gut, dass sie 1965 bei der ersten Deutschland-Tournee der Rolling Stones als Vorgruppe auftreten durften.

"Von den Stones haben wir aber nicht viel mitgekriegt. Die kamen für sechs, sieben Titel auf die Bühne, und weg waren sie." Das Motto damals: "Je berühmter die Band, desto kürzer ihr Auftritt."

Für die Stimmung sorgte Kuno, schon damals "das Frontschwein". In der Hamburger Ernst-Merck-Halle ließ er das Publikum schon vor der Pause auf den Stühlen tanzen, sodass Konzertveranstalter Hans-Werner Funke ihn bat, das nicht noch einmal zu machen. Machte er natürlich doch, ein paar Stühle gingen zu Bruch, und die Versöhnung mit Funke fand erst Monate später statt.

Beatles oder Stones? "Die Beatles waren nicht meine Favoriten", sagt Kuno. "Aber sie waren schon damals was Besonderes." Warum? "Weil sie als Erste ganz bewusst mehrstimmigen Gesang einsetzten - und weil sie auf der Bühne lachten. Sie waren unheimlich extrovertiert."

Als sich der Traum von der eigenen Musik-Karriere, dem eigenen großen Hit nicht erfüllte, stieg Kuno um. Zusammen mit Achim Reichel und Frank Dostal übernahm er 1968 den legendären Star-Club. Doch Silvester 1969 war Schluss. Der Grund: Gegen die immer größer werdende Zahl der Diskotheken hatten es die Musikklubs mit ihren Live-Bands zunehmend schwerer. Kuno wechselte ins Madhouse ("Wir waren laut und rockig") - und war Anfang der 70er-Jahre die Nr. 1 als DJ in Hamburg. Noch heute legt "Crazy Kuno" einmal im Monat im Downtown Blues Club im Landaus Walter und jedes Jahr beim LiLaBe auf.

Nach einigen Jahren als Scout in der Musikbranche fing Kuno beim Privatradio OK Radio an, bevor er 1995 zum Privatfernsehen Hamburg 1 kam. Längst ist er bundesweit bekannt, sein von Cleopatra TV produziertes Musikmagazin, in dem sich Videos, sehr persönliche Interviews und Konzertmitschnitte abwechseln, läuft bei 20 Sendern, wird wöchentlich rund 150-mal ausgestrahlt und erreicht 1,08 Millionen Zuschauer. Kuno, den seine Mitarbeiter als "fröhlich, chaotisch, direkt und hilfsbereit" beschreiben, ist wohl auch deshalb so beliebt, weil sein Motto lautet: "Ich mache keine Verrisse, lieber lasse ich Leute weg. Ich habe Hochachtung vor jedem Musiker - und vor jedem Fan." Die werden auch heute wieder zahlreich dabei sein, wenn das Hamburger Urgestein zum großen Jubiläum eine Sendung über Bob Dylan macht.