Prag. Für viele DDR-Bürger führten im Herbst 1989 alle Wege nach Prag. In die dortige westdeutsche Botschaft unweit der Moldau-Karlsbrücke flüchteten Schätzungen zufolge über 20 000 Ostdeutsche. Ihr Ziel: Die Ausreise in den Westen. Bis am 9. November 1989 in Berlin die Mauer fiel, spielten sich in der diplomatischen Vertretung dramatische Szenen ab: von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genschers berühmter Balkonrede bis zu menschenunwürdigen Zuständen im Zeltlager des Roten Kreuzes. Als Geschichte einer fiktiven Familie hat der private TV-Sender RTL das damalige Geschehen in Tschechien abgedreht. Derzeit befindet sich der Film "Prager Botschaft" im Schnitt. Der Ausstrahlungstermin steht noch nicht fest. Denkbar wäre es natürlich, wenn der Film um den Jahrestag herum gezeigt wird. Nichts genaues weiß man nicht.

"Ich hatte das Geschehen 1989 relativ oberflächlich in den Medien verfolgt, da ich als frischer Vater in München etwas andere Sorgen hatte", erzählt Regisseur Lutz Konermann. "Bei der Vorbereitung auf den Film berührte mich die damalige Atmosphäre aber sehr", so der 48-Jährige. Vor Drehbeginn habe er sich monatelang mit der DDR beschäftigt: "Ich kann das Westdeutschen nur empfehlen."

"Prager Botschaft" erzählt von Bettina (Anneke Kim Sarnau) und Stefan (Christoph Bach), die auf Hochzeitsreise in Prag sind. Nach einer Feier inklusive Polonaise im "Hotel Europa" fliehen die frisch Vermählten in die Botschaft. Stefan kehrt jedoch kurz nach Ostberlin zurück, um den gemeinsamen Sohn Felix zu holen. Den Jungen hatten sie zur Tarnung des Plans bei den Großeltern gelassen. Stefan erwartet dort aber auch eine Auseinandersetzung mit seinem Vater über die Perspektivlosigkeit der DDR für seine Generation. "Während die hygienische Lage im Garten prekärer wird, erfährt Bettina etwas Schreckliches", heißt es im Script der Produktionsfirma Filmpool . . .

Das Parkgitter der Botschaft hat seine Gestalt mittlerweile verändert: Als "Anti-Terror-Maßnahme" wurden die Metallstäbe vor einigen Jahren nahezu unüberwindlich erhöht. Dabei waren es vor 17 Jahren gerade die bescheidenen Maße des Zauns, die tausenden DDR-Bürgern das Übersteigen erleichtert hatten. "Sicher ist es Ironie, dass heute eine solche Botschaftsflucht unmöglich wäre", gesteht ein Diplomat, "aber Sicherheit geht vor Sentimentalität." In einigen Szenen des Doku-Dramas "doubelt" das Kloster Doksany die Vertretung, und auch der Film-Genscher ist kein Original: Der damalige Außenminister wird von dem Tschechen Jan Kostroun gespielt.

"Morgens riefen die an, mittags rasierten die mir eine Halbglatze, abends gab ich schon vom Balkon als Minister die Ausreise-Erlaubnis bekannt", schildert der Tscheche seine diplomatische Blitz-Karriere. Kostroun, der schon in der TV-Produktion "Les Miserables" mit Gerard Depardieu vor der Kamera stand, musste für Genscher einspringen, weil der 79-Jährige eine Wiederholung der Szene ablehnte. "Wegen der historischen Einmaligkeit ist es mir unmöglich, eine so bewegende Begebenheit nachzustellen", sagte der FDP-Politiker zur Begründung.

"Einen solchen Film dreht man nicht jeden Tag, aber ich habe das Gefühl, wir haben die Chance genutzt", meint Konermann. Wir werden sehen.