Soloabend: Von der Provinz ans Schauspielhaus: Bernd Moss behauptet sich jetzt ganz allein auf der großen Bühne

Hamburg. "Es ist ja so", schrieb "Die Zeit" 1997 in einem Artikel über die wenig rosigen Aussichten von Schauspielschülern, "dass man diesen Beruf nicht ernsthaft beginnen kann mit der Überzeugung, das eigene Talent reiche nicht weiter als für die Rolle der Tante im Weihnachtsmärchen am Landestheater von Bruchsal." Da war Bernd Moss gerade in Bruchsal engagiert. Dumm gelaufen.

Wenn du einmal in Bruchsal bist, kommst du eigentlich nicht mal mehr nach Karlsruhe - so lauten die ungeschriebenen Gesetze der deutschen Theaterlandschaft. Es wird deutlich unterschieden zwischen staatlicher und privater Ausbildung, zwischen Landes-, Stadt- und Staatstheater. Und Bernd Moss, der seine Schauspielschule (privat, in Ulm) nicht mal zu Ende gebracht hatte, na ja, der war halt eher der Landestheater-Typ.

Bis eines Tages - Moss probte gerade "Die Fliegende Kuh", ein Freibeuter-Spektakel auf dem Marktplatz von Esslingen - der Anruf einer ehemaligen Kommilitonin kam: "Willst du nicht mal am Schauspielhaus in Hamburg vorsprechen?", fragte Ingrid Lausund, die dort soeben Hausregisseurin geworden war.

Klar, Moss wollte, warum auch nicht. Vier freundliche Absagen aus Hamburg hatte er damals schon hinter sich. Routine. Bloß: Diesmal gabs eine Zusage. Und ein "tolles Kündigungsgespräch" in Esslingen: Der dortige Intendant, dem Moss im Auto von seinem neuen Engagement berichtete, machte vor lauter Schreck eine Vollbremsung.

Moss dagegen startete endlich durch und bestimmt seither maßgeblich das Ensemble der Tom-Stromberg-Zeit. So sehr, dass er zeitweise in 14 Stücken gleichzeitig zu sehen war, dass auf dem Plakat zur Inszenierung "Konfetti", in der es eigentlich keine Hauptrollen gibt, nur sein Konterfei abgebildet war, und dass er jetzt ganz allein Deutschlands größtes Sprechtheater füllen wird: "Der Weg zum Glück", heißt der Soloabend auf der großen Bühne sinnigerweise, eine Produktion von Moss und Lausund, der Frau, von der der Schauspieler heute wohl zu Recht behauptet: "Diese Frau hat mein Leben verändert." Ist Bernd Moss jetzt also angekommen? Vielleicht, der Stücktitel erzwingt diese Frage ja geradezu, glücklich? "Ach ja, Gott, eigentlich, ach, Gott, schon, wahrscheinlich." Moss schiebt das Kinn hin und her, wiegt das schmale Gesicht mit den großen Ohren, wie um die Unbestimmtheit der Antwort zu unterstreichen. Bernd-Moss-artig macht er das, den Kopf samt dieser deutlichen Nase ein wenig zurückziehend, wie es sich in vielen seiner Rollen wiederfindet. Weshalb man ihn immer anschauen muss, auch, wenn er grad gar nicht dran ist.

Moss ist anders. Bei einer Schauspielprüfung hatte man ihm das erste Mal bescheinigt, dass er "skurril" sei. "Danke, Sie auch", hat Moss der Prüferin damals geantwortet, die darauf leicht pikiert die Nase rümpfte. "Da hab ich gedacht, skurril, hm, das ist wahrscheinlich gar kein Kompliment." Inzwischen hat er sich daran gewöhnt. Nur dass seine Schublade deshalb mit "Komiker" beschriftet zu sein scheint, das nervt ihn manchmal. "Der Weg zum Glück" soll jedenfalls "kein durchgängig lustiger Abend" werden.

Dafür wirds die erste Premiere, zu der Moss' Eltern aus Ittlingen im Elsenztal anreisen. Etwas misstrauisch übrigens. Nicht, weil sie dem Sohn kein Solo zutrauen. Aber weil Willy, der Nachbar, neulich mal mit dem Auto durch Hamburg gefahren ist und mit der beunruhigenden Erkenntnis zurückkam: "Da gibts gar kein Schauspielhaus."