Mammutspektakel: Verdis “Aida“ hatte in der Color-Line-Arena Premiere

Hamburg. Zugegeben, Vorbehalte waren schon da: "Aida" in der Color-Line-Arena. Verdi für alle und nicht mehr nur für einen kleinen Kreis von Opernliebhabern, die nach Konwitschny-Inszenierungen in der hiesigen Staatsoper oftmals hitzige Debatten führten. Doch was ist eigentlich dabei, wenn man keine seitenlange Gebrauchsanweisung mehr lesen muss, um wenigstens eine Ahnung zu bekommen, warum was gerade auf der Bühne passiert und was sich der Regisseur bei all dem gedacht hat? Wenn Oper wie in einem Monumentalfilm aus den 60er-Jahren daherkommt? Nichts.

Aus dieser Perspektive betrachtet, wurde die "Aida"-Premiere zu einem unterhaltsamen Opernabend, bei dem man sich genüsslich mit Knabberzeug in der Hand in den Color-Line-Arena-Sitzen zurücklehnen konnte. Eigentlich wie im Kino, bloß dass hier live gespielt, gesungen und agiert wurde. Große Oper eben im wahrsten Sinne des Wortes: Die 2400 Quadratmeter des Innenraums der Arena waren zentimeterhoch mit Sand bedeckt, vor den Augen der Zuschauer, die wie im Amphitheater drumherum saßen, erhob sich eine überdimensionale Märchenlandschaft aus Tausendundeiner Nacht mit Palmen, Tempelbauten und künstlichen Seen. Statt der Freezers, die hier sonst dem Eishockey-Puck hinterherjagen, schwitzten ägyptische Sklaven, Handwerker, Waschfrauen, Krieger, Bogenschützen, Priester, Kinder, ja, sogar echte Pferde.

Und in diesem Nilszenario spielte sich dann auch die tragische Liebesgeschichte zwischen der gefangenen äthiopischen Pharaonentochter Aida und dem ägyptischen Heerführer Radames ab. Doch diese geriet zwischendurch zur Nebensache. Das Auge wurde mehr durch kriegerische Aktionen, durch im Kreis galoppierende Pferde, pyrotechnische Effekte, Fackelträger, eine Art olympisches Feuer und einen musikalischen Falken abgelenkt. Der berühmte "Triumphmarsch" bekam filmmusikalische Qualitäten, als hätte Verdi Hollywood vorausgeahnt. Ganz im Takt und Gestus der Musik fuhren Streitwagen auf und ab, stellten die Krieger ihre Kampfszenen nach, wurden Sänften hin und her getragen und allerhand ägyptischer Schnickschnack aufgefahren.

Ein Mammut-Spektakel mit allem, was für den Macher des Ganzen, Peter Kroone, dazugehört. Mehr nicht, aber auch nicht weniger. Die Bilder, das muss zugegeben werden, beeindruckten. Manchmal auf Kosten der Musik. Wenn die Protagonisten minutenlang - wie in der Oper üblich - ihr Leid besangen, dann schritten schon einmal ganze Priestertruppen weihevoll über die gesamte Szenerie. Wäre ja auch zu langweilig, nur der Musik zuzuhören. Da war es schon spannender zu beobachten, ob sie alle rechtzeitig zum Ende der Arie auch den Ausgang auf der anderen Seite der Arena erreicht hatten. Zwischendurch betrat noch ein ägyptisch kostümierter Erzähler die Bühne, um schnell noch mal die Handlung zu erklären.

Trotz des ganzen Brimboriums kam die Musik, jedenfalls was die Qualität anging, nicht zu kurz. Die Hamburger Symphoniker musizierten mit einem erstaunlich ägyptischen Fingerspitzengefühl, die Sänger, vor allem die Aida (Daniela Longhi) und Radames (Bojidar Nikolov), hatten hervorragende Stimmen, und der Hamburger Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor sang gut aufgelegt. Die Technik - alles wurde durch Lautsprecher verstärkt - tat ihr Übriges. Und die 10 000 Besucher waren begeistert.

Color-Line-Arena: Sbd, 7. 2., ausverkauft, So, 8. 2., 15 Uhr, Karten unter Tel. 35 44 14 oder an der Abendkasse.