Hamburg. Eine Beethoven-Brahms-Kombination: Das ist das Erfolgsprogramm für die Große Musikhalle. Und so gabs dort reichlich Beifall fürs Royal Philharmonic Orchestra aus London. Dennoch muss zuerst vom Solisten die Rede sein, von dem jungen, aus Litauen stammenden Geiger Julian Rachlin, der sich mit Brahms' Violinkonzert in die Herzen des Publikums spielte. Man hätte dem zarten Künstler diese mächtigen Klangentfaltungen, diese Riesenspannung in der thematischen Entfaltung nicht zugetraut, mit denen er das technisch wie musikalisch äußerst anspruchsvolle Werk zu meistern verstand. Andererseits blieb Rachlin auch den lyrischen Brahms-Partien nichts schuldig. Hier allerdings deckte ihn das groß besetzte Orchester sehr oft zu, seine feinen solistischen Umspielungen der Tutti-Themen waren wiederholt kaum zu hören. Das lag in erster Linie an dem Dirigenten des Londoner Klasseorchesters, dem Italiener Daniele Gatti, der es versäumte, das instrumentale Dickicht aufzulichten. Schon Beethovens Coriolan-Ouvertüre hatte, überdies bei sehr breitem Grundtempo, allzu blockhaft und hart geklungen. Aber in Brahms' Erster war Gatti das kräftige Forte zu schnell bei der Hand. Dass die London Philharmonics ein höheres Niveau haben, das ließ sich an den Solostellen (Oboe, Klarinette, Violine im langsamen Satz) ablesen. Dem standen ein paar Show-hafte Einlagen Gattis gegenüber, so in der Einleitung zum Finale mit ihren überbreiten Streicherpizzikati ("in tempo" verlangt Brahms!) und einigen akustischen "Urknall"-Entladungen.