Protzen war nie Ulrich Khuons Stil. Weder mit dem konstant ansteigenden Dauererfolg des von ihm neun Spielzeiten lang geführten Thalia-Theaters noch...

Hamburg. Protzen war nie Ulrich Khuons Stil. Weder mit dem konstant ansteigenden Dauererfolg des von ihm neun Spielzeiten lang geführten Thalia-Theaters noch mit den Auszeichnungen und internationalen Einladungen für am Haus entstandene Inszenierungen. Auch beim nun veröffentlichten Buch über seine Ära lässt der Intendant Bescheidenheit in rechtem Maße walten.

"Thalia Theater 2000-2009" ist kein gewichtiger Prachtband, aber auch keine karge Dokumentation. Vielmehr eine mit Selbstbewusstsein und auch berechtigtem Stolz erstellte Bilanz, in der die beteiligten Menschen auf das Erreichte zurückblicken: in Bildern, Texten und Zahlen. Ein griffiges, schönes Handbuch ist mit der Unterstützung der Thalia Freunde, von Studio Hamburg und M.M. Warburg & CO entstanden. Zum Durchblättern. Zum Schmökern. Zum Wecken der Erinnerung an einige oder auch viele gemeinsam mit dem engagierten Ensemble verlebte, unvergessliche Theaterstunden. Auf der Rückseite des Einbands mit dem Thalia-Stern steht auch unübersehbar zu lesen: "Alle Spiele Alle Tore". Nicht jede Inszenierung hat naturgemäß ins Ziel getroffen. Doch einige vermeintliche, auch erregt kommentierte künstlerische Eigentore wandelten sich überraschend zu kapitalen Treffern. Molnàrs "Liliom" in der Regie von Michael Thalheimer etwa, gleich zu Khuons Start ein Ärgernis für Abonnenten, wäre ein Beispiel. Ein anderes ist Nicolas Stemanns Uraufführung von Jelineks "Ulrike Maria Stuart" in der siebten Saison.

"Regietheater! Autorentheater! Ensembletheater!" gibt Michael Börgerding in seiner für das künstlerische Konzept programmatischen Einleitung "Zusammen Theater machen" als eine einzige Losung aus. Und im (abgeklärten?) Rückblick erweist sich tatsächlich: Diese Begriffe sind nicht als Gegensätze zu verstehen, sondern konnten und können ihre Lösungen im je anderen finden. Zahllose Aufführungen gaben davon beeindruckend Zeugnis. Alle sind nach Spielzeiten übersichtlich dokumentiert. Manche Momentaufnahmen finden sich in der Bildergalerie, die exakt mit denjenigen im Gedächtnisspeicher übereinstimmen.

Auch die Macher und Menschen kommen im Buch zu Wort. In der Rubrik "55 Mal Glück in Hamburg" beantworten die Schauspieler fünf Fragen - auch Ulrich Khuon, versteckt auf Seite 273. Erster Eindruck in Hamburg? Leuchtende Wolken, freundliche Skepsis. Lieblingsrolle? Odradek in Kafkas "Die Sorge des Hausvaters". Lieblingsinszenierung? Die Gaußstraße als Theaterort. Ein Glücksmoment? Hinter der Bühne mit den Beteiligten nach jeder Premiere. Was bleibt? Nähe trägt. Ihm glaubt man das.


Thalia Theater 2000-2009 Das Buch, 284 S., viele Fotos, ist für 15 Euro im Theater und im Thalia Gaußstraße erhältlich, sowie per E-Mail zu bestellen: publikum@thalia-theater.de