Was mich an Felix Mendelssohns Musik so fasziniert, was mich für sie so sehr einnimmt, was in mir das Gefühl einer besonderen dirigentischen, aber...

Hamburg. Was mich an Felix Mendelssohns Musik so fasziniert, was mich für sie so sehr einnimmt, was in mir das Gefühl einer besonderen dirigentischen, aber auch einer allgemein menschlichen Verpflichtung aufkommen lässt, ist die singuläre Symbiose von edelster klassischer Zurückhaltung und überwältigend feiner romantischer Poesie, die ihr innewohnt.

Die poetische Kraft seiner durchaus romantischen Musik ist oft so überragend schön, gerade weil ihre Balance, ihre formale Struktur, ihr "Kern" klassisch sind. Mendelssohn ist für mich der poetische Klassiker.

Ein wenig wie auch bei Mozart, sind weite Teile der Musik Mendelssohns schwer, gerade weil die Musik einfach ist. Die Schwierigkeit dieser Musik leitet sich nicht von einer thematischen, rhythmischen oder harmonischen Komplexität ab, sondern von der geistigen Kontrolle, der technischen Präzision und der Sensibilität, die sie dem Interpreten abfordert.

Mendelssohn fordert einen konzentrierten Geist, erlaubt keine verschwenderische Ausschweifung und ist stets darauf bedacht, den schönsten aller Gedanken mutig und klar, aber nie laut zu artikulieren.

So schön die bekannten Symphonien, seine Schauspielmusik zum "Sommernachtstraum" oder das berühmte Violinkonzert auch sind, kommen die großen Stärken der Musik Mendelssohns in Werken besonders gut zur Geltung, die der weiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind: in den viel zu selten gespielten Streichquartetten zum Beispiel, in den berückend schönen Motetten für Chor a capella oder in der noch immer unterschätzten "Ersten Walpurgisnacht".

Mendelssohn kann noch entdeckt werden.

Als zwölfjähriger Knabe spielte Felix - Enkel des großen Philosophen Moses Mendelssohn, der, weil er Jude war, an vielen Stadttoren Berlins abgewiesen wurde, bis er schließlich über das Rosenthaler Tor die Stadt betreten durfte - für Goethe Klavier und brachte den großen Klassiker tatsächlich dazu zu lächeln. Sinnbildlich und im allerbesten Sinne fügte Mendelssohn so der Klassik ein bezwingend-kindliches und unsterbliches Lächeln bei.

Dass wir Felix Mendelssohn jetzt auch dafür feiern, ist sehr schön.