Neue Alben von Flo Fernandez und anderen Bands zeigen die vielseitige Szene.

Hamburg. " Hallo. Ich bin's./Und ich bin nicht tot " (Flo Fernandez)

" Die Nacht sucht ihre Gründe,/doch hat sie schon längst gefunden " (ClickClickDecker)

" Der Vorhang auf - und wieder mal kein Applaus " (Montag)

" Hey Now, what's your fear today? " (Tenfold Loadstar)

Vier erste Sätze von vier neuen Platten aus Hamburg, die jetzt alle zeitgleich erschienen sind. Zufall. Und doch zeigt diese Ballung deutlich, wie stark, konstant und vielfältig die Musikszene der Hansestadt ist. Wie Popkünstler kontinuierlich an ihre Sache glauben, über Jahre hinweg. Bis auf Flo Fernandez, der mit "La pomme d'enfer" sein zweites Album herausbringt, legen alle bereits ihr drittes Werk vor.

Drei Jahre hat Julian Friedrich mit Dominik Pobot von Montag an der neuen, selbst betitelten Platte gearbeitet. Entstanden sind luftig-leichte Hymnen wie "Sommernacht", die mit einem glorreichen Geigenreigen startet. Der Hörer will losrennen, klatschen, tanzen zu diesem Gitarren-Piano-Sound, der viel von der Coolness des britischen Pop transportiert. Zugleich verneigt sich Montag mit "Tausend Jahre sind ein Tag" aber vor hiesigen Größen wie Udo Jürgens. Das Video drehte Ex-Echt-Sänger Kim Frank mit einer Kinderband. Das passt. Montags Texte sind zwar gereift. Doch feiert das Duo mit juvenilem Drang das Leben. Statt Plattitüden gibt's Verse wie "Wir klettern über Freibadschranken".

Solch feines Gefühl für Sprachschärfe und -spiele ist ein weiteres Plus der aktuellen Hamburg-Alben. Wortgewaltig und lässig wissen sie mit dem Deutschen und Englischen umzugehen. Und wie bei vielen guten Popsongs offenbart die Lyrik ihre Magie nicht auf Anhieb. Etwa bei den zarten Folk-Pop-Miniaturen von Tenfold Loadstar. Songschreiberin Caro Garske erzählt in hoch poetischen Bildern vom Aufbruch zweier Liebender mit "leerem Gepäck und Taschen voller Süßigkeiten". Bereits der Plattenname entfaltet einen Zauber durch Merkwürdigkeit: "It's Cold Outside and the Gnome Is You".

Auch Flo Fernandez und Band wählen einen herrlich geheimnisvollen Einstieg. Ein Verlassener spricht seine Verlierer-Geschichte auf einen Anrufbeantworter: "Ja, alles für dich, das ganze Spektakel. Und dann kommst du noch nicht mal." Die Musik zwischen Rock und Country lässt Raum zum Atmen, zum Assoziieren. Die Gitarre knarzt, die elektronischen Einsprengsel irritieren, doch die Energie dieser Platte ist Pop, ein Driften, das sagt: Nimm's nicht so schwer.

Bei ClickClickDecker alias Kevin Hamann sind es ebenfalls die verbalen Wendungen, die haften bleiben. "Im Engtanz mit den Zweifeln" lautet so eine pointierte Phrase. Seine urbanen Notizen trägt er mit theatraler Stimme vor, als singe er direkt nach einer aufwühlenden Kieznacht ins Mikro. Schön verausgabt klingt auch der letzte Satz seiner Platte "Den Umständen entsprechend": "Solange dein Ohr nicht den Asphalt berührt/hörst du das Unheil nicht kommen."