Der Hamburger Pianist Sebastian Knauer hat zum Jubiläumsjahr eine CD mit Klavierwerken von Mendelssohn veröffentlicht. Sie enthält neben bekannteren...

Der Hamburger Pianist Sebastian Knauer hat zum Jubiläumsjahr eine CD mit Klavierwerken von Mendelssohn veröffentlicht. Sie enthält neben bekannteren Stücken auch einige erstmals eingespielte Werke, wie ein dreieinhalb Minuten langes, unvollendetes Lied. Der Musikwissenschaftler und Mendelssohnforscher R. Larry Todd hat das Stück komplettiert und Knauer für sein Programm zur Verfügung gestellt. Ein aufregender Moment für den Pianisten.


Abendblatt:

Auf Ihrer CD ist unter anderem ein Lied für Klavier zu hören, das der Mendelssohn-Forscher Larry Todd vervollständigt hat. Wie sind Sie mit ihm in Kontakt gekommen?

Sebastian Knauer:

Ich habe seine E-Mail-Adresse über mehrere Ecken bekommen und ihm dann geschrieben, dass ich vorhabe, eine CD mit Mendelssohn-Klaviermusik aufzunehmen und deshalb etwas suche, was noch keiner kennt. Schon ein oder zwei Tage später hat er sehr ausführlich und freundlich geantwortet - und wie es der Zufall so wollte, war er damals, im November 2007, gerade dabei, eine Neuausgabe der Lieder ohne Worte für den Bärenreiter-Verlag vorzubereiten. Da sollten im Anhang auch einige Lieder im Erstdruck erscheinen, darunter dieses Stück in Es-Dur. Das hat er mir dann netterweise über den Verlag als Manuskript zukommen lassen.



Abendblatt:

Und wie viel von der Musik ist "echter" Mendelssohn?

Knauer:

36 Takte stammen von Mendelssohn, das ist ungefähr ein Drittel. Den Rest hat Larry Todd in seinem Sinne ergänzt. Er fragte mich sogar, ob ich noch Korrekturvorschläge hätte oder Fehler finde - aber das war nicht der Fall.



Abendblatt:

Wie fühlt es sich an, der Erste zu sein, der so ein Stück aufnimmt?

Knauer:

Das ist ein toller und aufregender Moment, wenn man so etwas in die Hände bekommt, eine große Ehre. Aber es birgt natürlich auch eine gewisse Verantwortung. Schließlich ist man ganz auf sich allein gestellt, es gibt überhaupt kein Vorbild und keine Richtwerte, was zum Beispiel Tempo oder Dynamik angeht - anders als bei Stücken, die man schon einmal im Konzert oder auf CD gehört hat.



Abendblatt:

Und wie sind Sie damit umgegangen?

Knauer:

Na ja, es steht Allegro molto drüber, das kann Vieles beinhalten, ist aber auf jeden Fall schneller als Allegro. Ich habe versucht, erst mal den Charakter der Musik zu finden und sie so zu spielen, dass man alles noch gut verstehen kann. Es gehört nicht zu den verinnerlichten oder düster-tragischen Stücken, sondern ist eher in einer tänzerisch-fröhlichen Stimmung gehalten.