Fast drei Stunden dauerte die opulente Comeback-Show der 69 Jahre alten US-Sängerin. Im Repertoire hatte sie Hits aus 40 Jahren Musikgeschichte von “River Deep Mountain High“ bis “Golden Eye“. Bilder von ihrer Europa-Tournee

Die Absätze ihrer Pumps sind hoch, ihre glitzernden Leggins so eng wie eine Wurstpelle. Eigentlich sollten nur Mädchen und Frauen unterhalb der 30 sich in solche Outfits zwängen. Tina Turner ist fast 70, doch die engsten Hosen und die kürzesten Kleider stehen ihr immer noch. Es scheint, als wäre der Alterungsprozess bei der afroamerikanischen Sängerin gestoppt. Deshalb kam ihre Abschiedstournee vor acht Jahren deutlich zu früh. In dieser Frau steckt immer noch so viel Energie und Leidenschaft, dass sich Jahrzehnte jüngere Konkurrentinnen wie Beyonce oder Alicia Keys eine Scheibe davon abschneiden können. Wenn es eine "Königin des Soul" gibt, dann heißt sie immer noch Tina Turner.

Beim ersten von drei ausverkauften Konzerten in der Color-Line-Arena wird ihr vom Publikum gehuldigt wie einer Fürstin. Als vom Band ihre Version von "Get Back" erklingt, springen die ersten Fans im Parkett bereits auf und klatschen begeistert, als Turner dann über eine Hebebühne einschwebt und mit der rauen R&B-Nummer "Steamy Windows" ihre Show beginnt, hält es im Parkett kaum noch jemanden auf den Sitzen. In den folgenden drei Stunden nimmt die als Annie Mae Bullock in Nutbush/Tennessee geborene Sängerin das Auditorium mit auf eine Reise durch 40 Jahre Pop-Geschichte.

Sie geht zurück in die 60er-Jahre, als sie der Star der Ike & Tina Turner Revue war und singt "River Deep Mountain High" und "Proud Mary", sie covert "Help" von den "Beatles" und "Jumpin’ Jack Flash" von den Rolling Stones, und sie schenkt ihren Fans alle ihre Riesenhits aus der Zeit nach ihrem grandiosen Comeback im Jahr 1984: "Private Dancer", "What’s Love Got To Do With It", "Typical Male" und "Simply The Best".

Fünf Mal wechselt sie ihre Bühnenoutfits, um anschließend jeweils von einer anderen Hebebühne wieder ins Zentrum des Geschehens gehievt zu werden. Für die Filmsongs "We Don’t Need Another Hero" aus "Mad Max III" und "Golden Eye" aus dem gleichnamigen James-Bond-Thriller hat Bühnen-Designer Mark Fisher, der auch schon so manche Rolling-Stones-Show inszeniert hat, groß aufgefahren und die entsprechenden Filmkulissen in diese Multi-Media-Show integriert. Angesichts dieser Opulenz mag so mancher Zuschauer ahnen, warum seine Eintrittskarten mehr als 200 Euro gekostet haben.

Aber eigentlich braucht Tina Turner all diesen technischen Firlefanz nicht. Die stärksten Momente hat dieser außergewöhnliche Abend nach der Pause, als Tina Turner inmitten ihrer exquisiten Band sitzt und zuerst den Beatles-Klassiker "Help" als eine unter die Haut gehende Ballade interpretiert und anschließend Al Greens "Let’s Stay Together" durchleidet. Doch meistens gab es an diesem Abend die andere Tina Turner, das in Hi-Heels über die Bühne steppende Energiebündel, mit "Nutbush City Limits" als Höhepunkt im Zugabenteil. Ihre Rückkehr auf die Bühne gelingt furios, die Show hat Weltklasse-Format und Tina Turner gibt den Zuschauern unausgesprochen noch eine Botschaft mit auf den Weg: Seht mich an! Ihr müsst keine Angst vor dem Alter haben.