Ibsen am Ernst-Deutsch-Theater

Hamburg. Auch Luftschlösser wollen gut gebaut sein. Andernfalls bleiben sie so leer wie die Schwärmereien von Hilde Wangel und Halvard Solness am Ernst-Deutsch-Theater. Ein handfester und zugleich verheißungsvoller Ort ist dagegen das Bühnenbild, das Anna Siegrot für Ibsens "Baumeister Solness" konzipiert hat: Die Kuppel des Architektenbüros scheint einen Kosmos zu eröffnen, und dennoch ist das Ganze nur eine Illusion. Die Grenzen sind vermessen, der Spielraum von Tatkraft und Fantasie ist längst ausgeschöpft. Joachim Bliese spielt den Baumeister, der seinen Zenit überschritten hat und dem die "hungrige" junge Konkurrenz Angst macht, zunächst als arroganten Chef, der seine Mitarbeiter in kalkulierter Abhängigkeit hält. Der alte, todkranke Architekt Knut Brovik (Horst Fassel), der nur mehr Handlangerarbeiten verrichtet, war einst Boss von Solness: Jetzt führt er diesem tagtäglich vor Augen, wie vergänglich gestrige Größe ist. Broviks Sohn Knut (Ludger Haninger) ist ein begabter Baumeister, den Solness zugleich braucht und fürchtet. Schreiberin Kaja (Eva-Christina Langer) ist mit Knut verlobt - doch sie hat sich in Solness verliebt, der sie benutzt, um den Jungen in Abhängigkeit zu halten. Dieses fest verknotete Unglück scheint sich durch unerwarteten Besuch zu lösen. Die junge Hilde Wangel (Monika Praxmarer) beflügelt Solness und lässt ihn die Krise im Büro und in seiner tragisch überschatteten Ehe mit Aline (Andrea Gloggner) vergessen. Doch der gemeinsame Traum vom Höhenflug des Architekten endet mit seinem Absturz. Adelheid Müthers Inszenierung bleibt am Bühnenboden kleben. Abgesehen von Bliese fehlt es am Personal, das Luftschlösser, bürgerliche Enge und innere Krisen zum Leben erwecken könnte. Gesten und Blicke, die Leidenschaft und Verzweiflung ausdrücken sollen, bleiben zu oft bloße Behauptung oder gar mechanische Aktion. Kein tragfähiges Fundament für Ibsen.