Woody Allen macht eine Zeitreise, lebt aner doch lieber im Hier und Jetzt: Das 64. Filmfestival in Cannes ist mit viel Pomp eröffnet worden.
Cannes. Zeitreisen? Nichts für Woody Allen. Der amerikanische Regisseur von Werken wie „Manhattan“ mag noch so sehr an seinem Leben verzweifeln – trotzdem möchte er es nicht gegen ein anderes tauschen. „Jeder will dem Leben entkommen, das er gerade lebt. Immerhin ist es ziemlich hart und macht nicht viel Spaß“, sagte der 75-Jährige beim Filmfestival in Cannes. Aber ein Leben wie zum Beispiel vor 100 Jahren sei auch nicht viel besser. Immerhin habe es da keine Klimaanlagen und beim Zahnarzt kein Betäubungsmittel gegeben. Trotzdem schickt er Owen Wilson in seiner aktuellen Komödie „Midnight in Paris“ auf eben so eine Zeitreise und eröffnete damit am Mittwoch die 64. Internationalen Filmfestspiele.
Zur feierlichen Gala am Abend kamen zahlreiche Stars im Smoking oder eleganten Abendkleidern – das Kreischen hunderter Fans und das Blitzlichtgewitter der Fotografen wollte gar nicht aufhören. Hauptgast des Tages war aber der US-Regisseur Woody Allen.
„Es ist eine Falle zu glauben, dass das Leben in einer anderen Zeit und Welt besser wäre“, sagte Allen vor der Premiere. Denn wenn man an frühere Zeiten denke, denke man nicht an die Nachteile, sondern nur an die schönen Dinge. Auch seinem Protagonisten Gil (Owen Wilson) ergeht es so in „Midnight in Paris“: Zusammen mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) macht er Urlaub in Paris. Als er eines Nachts alleine durch die Stadt schlendert, entdeckt er nach Mitternacht eine Art Zeitfenster. Durch das kann er in die 20er Jahre reisen, trifft F. Scott Fitzgerald, Gertrude Stein (Kathy Bates), Salvador Dalí (Adrien Brody) und Ernest Hemingway.
Allen nutzt diese Ausgangsbasis für eine beschwingte romantische Komödie. Denn schon bald findet sich Owen Wilson zwischen zwei Frauen wieder: Rachel McAdams gibt die verführerische Verlobte, Marion Cotillard die geheimnisvolle Femme Fatale in der Parallelwelt. Auch der Regisseur scheint sich nach New York, Barcelona und London - wohin ihn seine bisherigen Werke führten – nun in Paris verliebt zu haben. Seine Aufnahmen der verträumten Gassen und Cafés erinnern teilweise sogar an einen Werbefilm für die französische Hauptstadt.
Die Geschichte verliert in der zweiten Hälfte etwas an Fahrt und Witz, und doch ist „Midnight in Paris“ ein gelungener Auftakt für die 64. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals: intelligent, leicht, unterhaltsam und prominent besetzt. So reisten dann auch die Stars des Films mit Allen an den Pracht-Boulevard Croisette. Owen Wilson präsentierte sich mit gewohnt strubbelig-ungekämmten Haaren, Rachel McAdams strahlte in die Kameras und Oscar-Preisträger Adrien Brody, der im Film Dalí spielt, erzählte, er habe schon oft die Rolle des spanischen Malers angeboten bekommen, aber nur bei Allen zugesagt.
Lange hatten die Fotografen und Journalisten auch auf Carla Bruni gehofft. Die Ehefrau des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy hatte von Allen eine kleine Rolle als Museumsführerin angeboten bekommen. Auf der Leinwand war sie dann ein paar Minuten lang zu sehen – und wirkte da etwas ungelenk und wenig überzeugend. Doch zur Festivaleröffnung kam sie schließlich „aus persönlichen Gründen“ doch nicht, wie sie einem Radiosender sagte. Das wiederum nährte die Gerüchte um ihre angebliche Schwangerschaft.
Den Trubel um das Filmfestival nutzten andere Stars dagegen ganz bewusst: Antonio Banderas und Salma Hayek warben für ihren neuen Film „Der gestiefelte Kater“. Der kommt zwar erst Ende des Jahres in die Kinos, doch die beiden Hollywoodstars präsentierten sich schon mal an der Croisette den Fotografen. Auch Lady Gaga schaute für einen Kurzbesuch vorbei und wollte am Abend bei einem Mini-Konzert am Mittelmeer ihre neue Single „Judas“ vorstellen.
Die Jury mit Filmschaffenden wie Uma Thurman und Jude Law wird das alles leidlich wenig interessieren. Die Mitglieder können dagegen auf
20 höchst unterschiedliche Werke im Wettbewerb gespannt sein. Und das ist auch genau das, worauf sich Jury-Präsident Robert De Niro freut: in Ruhe viele Filme gucken. Denn dazu habe er sonst wenig Zeit, erzählte der 67-jährige Schauspieler, Regisseur und Produzent.
Feste Kriterien müssten die Werke dabei nicht erfüllen, um am 22. Mai gute Chancen auf die begehrte Goldene Palme zu haben, sagt De Niro. „Ich habe keine feste Meinung.“ Auch feste Vorgaben, worauf er in Filmen achte, gebe es nicht. „Ich weiß nicht genau, was ich suche, aber ich werde es wissen, wenn ich es sehe.“