Ein gutes Dutzend Männer spielt als Hazmat Modine urbanen Blues in der Fabrik.
Fabrik. Keine andere Stadt zieht Musiker stärker an als New York. In Manhattan und Brooklyn gibt es Klubs und damit Spielmöglichkeiten ohne Ende, die Musicaltheater am Broadway suchen ständig Profis, die Stadt hat zahlreiche Studios, in denen trotz moderner Sampling-Verfahren immer noch Musiker benötigt werden. Spät, wenn die Lohnarbeit getan ist und der Adrenalinspiegel noch hoch, treffen sich diese Nachteulen in den einschlägigen Klubs, um zu jammen und Musik zu spielen, die ihnen Spaß macht.
Auf diese Weise hat Wade Schuman seine Band Hazmat Modine zusammengestellt. Auch der Mundharmonikaspieler und Sänger ist kein gebürtiger New Yorker. Ende der 90er-Jahre kam er aus Michigan in die Metropole an der Ostküste und wurde hauptberuflich Dozent an der New York Academy of Arts; Schuman ist nicht nur Musiker, sondern auch ein gefragter Maler.
Bei seinen Streifzügen durch die Klubszene zwischen Hudson und East River suchte er vor allem nach Blasmusikern, denn er hatte eine Band im Kopf, die "eine Menge heiße Luft" produzieren sollte, wie er in einem Interview bemerkte. Der ungewöhnliche Name bezieht sich auf dieses Band-Credo: Hazmat ist eine im Amerikanischen gebräuchliche Zusammenziehung von "hazardous material", also Gefahrgut, Modine ist Teil des namens einer Firma, die Heizlüfter herstellt: Modine Manufacturing Company.
Erst ein Album hat das aus mehr als einem Dutzend Musikern bestehende Ensemble in den zwölf Jahren seiner Existenz aufgenommen. "Bahamut" kam im Jahr 2007 auf dem in Bremen ansässigen Jaro-Label heraus und ist ein erstklassiges Beispiel für den Reichtum an Stilen, die Wade Schuman miteinander kreuzt.
Die Basis ist der Blues, bei einem Harmonikaspieler wie ihm naheliegend. Doch die Musiker von Hazmat Modine mit ihren verschiedenen Sozialisationen bringen eine Reihe anderer Elemente in den Sound ein, der die Band so einzigartig macht. Jüdischer Klezmer findet sich genauso wie der fröhliche Mardi-Gras-Swing aus New Orleans, der jamaikanische Reggae-Vorläufer Rocksteady und Elemente eines aufgeklärten Jazz. Tubaspieler Joe Daly und Saxofonist Scott Robinson sind zwei Band-Musiker, die schon mit vielen Avantgarde-Jazzern zusammengespielt haben.
"Bahamut" katapultiert den Hörer in die Sümpfe von Louisiana, wo der Country Blues seine Heimat hat, und er forscht nach den musikalischen Wurzeln vieler Immigranten, für die New York die Neue Welt bedeutete. "Amerikanische Musik entsteht aus dem Schmelztiegel verschiedener Kulturen und ihrem Aufeinanderprallen. Dieser Dynamik versuchen wir mit unserer Musik Rechnung zu tragen", sagt Schuman. Der Satz klingt akademisch.
Die Musik von Hazmat Modine ist mit ihrer Lebensfreude und ihrem Witz das Gegenteil davon.
Hazmat Modine So 30.5., 21.00, Fabrik (Bus 2), Barnerstr. 36, 20,-; www.hazmatmodine.com