Berlin. Egal wie die US-Wahl ausgeht: Die deutsch-amerikanischen Beziehungen müssen ein Fundament der Freiheit bleiben. Ein Blick zurück.

Donald Trump oder Kamala Harris? Mehr Gegensatz ging in diesem sechzigsten US-Wahlkampf wirklich nicht, und daher ist es kein Wunder, dass diese Wahl des amerikanischen Souveräns auch in Deutschland derart die Emotionen befeuert. Trump, der unberechenbare, ewig drohende Macho-Kapitalist gegen die schwarze Demokratin, die für das Recht auf Abtreibung kämpft und den sozialen Standard der einfachen Amerikaner verbessern will.

Es war wenig überraschend, wem die Herzen hier aus Deutschland mehr zuflogen, aber die Fokussierung auf den Amtsinhaber im Weißen Haus wird der Bedeutung der deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht gerecht. Präsidenten – oder auch eine Präsidentin – kommen und gehen. Die jahrzehntealten, schicksalsträchtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu den USA bleiben und können von einer einzelnen Person vielleicht verbessert oder verschlechtert, aber in ihrer Kraft und ihrer Bedeutung nicht grundsätzlich verändert werden.

Die amerikanischen Präsidenten hatten stets Einfluss auf die deutschen Verhältnisse

Die Kraft dieser Beziehung speist sich schon lange aus dem gemeinsamen Wunsch der Völker nach Frieden in Freiheit, Wohlstand, offenen Handelsbeziehungen, Spitzenforschung und ganz besonders aus einem gemeinsamen kulturellen Kosmos. Diese Sehnsucht nach Freiheit und dieser kulturelle Kosmos hatten schon lange vor dem Fall des Eisernen Vorhangs auch die Menschen im Ostteil des geteilten Deutschlands fasziniert. Dass „der Osten“ grundsätzlich antiamerikanisch eingestellt sei, ist ein ärgerliches, oberflächliches Narrativ. Der verordnete Antiamerikanismus war in der DDR zwar allgegenwärtig, aber ebenso die große Sehnsucht danach, auf der Route 66 aufzubrechen, Jimi Hendrix live zu erleben oder ohne Planwirtschaft mit einem eigenen Geschäft zu Wohlstand zu kommen.

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Aber natürlich haben amerikanische Präsidenten ihre Zeit geprägt und hatten Einfluss auf die deutschen Verhältnisse, wobei ihr jeweiliges Standing bei den Deutschen volatil war. lm Volk, aber auch in der politischen Führung. Richard Nixon war die Hassfigur der deutschen Linken und befeuerte mit dem Vietnamkrieg die Friedensbewegung. Jimmy Carter, als „Erdnussfarmer“ diffamiert, wurde von Helmut Schmidt als zu leichtgewichtig befunden. Dennoch brachte Carter, der immer noch lebt, Israel und Ägypten im Camp-David-Abkommen zu einem historischen Frieden, der bis heute hält.

Jörg Quoos
Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE-Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Manche US-Präsidenten werden auf ewig mit der deutschen Geschichte verbunden sein

Dem „Hollywood-Cowboy“ Ronald Reagan trauten die Deutschen alles zu, nur nicht, dass er es schaffte, die Russen zu massiver Abrüstung zu zwingen und die US-Wirtschaft mit radikalen Steuersenkungen wieder stark zu machen. George W. Bush war als „lame duck“ verschrien und entfesselte gar nicht lahm einen blutigen Krieg gegen den Terror, der am Ende zumindest Osama bin Laden, den Architekten des tausendfachen Massenmords von 9/11, aus der Welt schaffte. Dass Bush junior im Irak-Krieg falsch lag, kostete ihn die Unterstützung seiner deutschen Verbündeten.

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    Und dann gab es die Präsidenten, die sich auf ewig in die deutschen Geschichtsbücher schrieben. Ohne den Marshallplan von Harry S. Truman wäre die Bundesrepublik vielleicht nie zur stärksten Wirtschaftsnation Europas aufgestiegen. Auch seine kühne Entscheidung, Berlin nicht aufzugeben, sondern mit 277.000 Transportflügen aus der Luft zu versorgen, war historisch und eine epische Niederlage für die Sowjets, die mit ihrer Blockade das freie Berlin ausmerzen wollten.

    Harry S.Truman
    Harry S. Truman zählt zu den bedeutendsten amerikanischen Präsidenten dieses Jahrhunderts. Er bestimmte die Geschicke seines Landes zwischen 1945 und 1953. © picture-alliance / dpa | Picture-Alliance

    Ohne George Bush senior hätte es die deutsche Einheit nicht gegeben

    John F. Kennedy bekräftigte diese Freiheitsgarantie fünfzehn Jahre später auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses mit dem Satz „ich bin ein Berliner“. Er hatte ihn sich in Lautschrift („Ish bin ein Bearleener“) auf einen kleinen Zettel gekritzelt und mehrmals im Amtszimmer des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt die Aussprache geübt. Diese vier Worte gaben den West-Berlinern – aber auch vielen DDR-Bürgern – die Hoffnung auf Freiheit, die ihnen 27 Jahre später wieder ein US-Präsident brachte.  

    Ohne George Bush senior hätte es die deutsche Einheit nicht gegeben. Während Francois Mitterrand und Maggie Thatcher den Deutschen zutiefst misstrauten, vertraute der hochgewachsene Republikaner aus Texas dem Pfälzer Historiker Helmut Kohl blind. Er behielt sogar die Nerven, als Gerüchte aufkamen, sowjetische Soldaten würden die Kasernen verlassen, um den friedlichen Aufstand niederzuschlagen, und ebnete damit den Weg zur Wiedervereinigung.

    GEORGE BUSH
    Ohne George Bush senior hätte es die deutsche Einheit nicht gegeben. © picture alliance / Everett Collection | Picture-Alliance

    Bill Clinton vertiefte mit seiner Freundschaft zu Kohl die deutsch-amerikanischen Beziehungen wie später auch Barack Obama mit seinem guten Verhältnis zu Angela Merkel. Auch Joe Biden und Olaf Scholz (SPD) schätzen sich und es war ein echtes Signal der Freundschaft, dass der gesundheitlich angeschlagene Präsident sein Versprechen wahr machte und den wegen des Hurrikans „Milton“ ausgefallenen Staatsbesuch in Berlin so schnell nachholte.

    Amerika liegt Deutschland politisch näher als mancher europäische Nachbar

    Es ist also die Summe der amerikanischen Präsidenten, die das Verhältnis zu Deutschland prägen, und auch für das neue Staatsoberhaupt der Amerikaner wird Deutschland wichtig sein. Es liegt an der Bundesregierung und am heutigen sowie am künftigen Kanzler, dieses Verhältnis – egal wie schwierig es sein mag – mit Leben zu erfüllen. Unabhängig davon, wer die Wahl am Ende gewonnen hat. Mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft steht zu viel auf dem Spiel, als dass man sie durch persönliche Abneigungen oder Animositäten gegen Einzelne infrage stellen darf.

    Amerika ist zwar fast 8000 Kilometer entfernt, aber liegt Deutschland politisch näher als mancher Nachbar in Europa. Die gemeinsame Zukunft hängt also weniger am Wahlausgang als am entschlossenen Festhalten an gemeinsamen Werten und Interessen. Deutsche Firmen wie die Telekom oder BMW sind zusammengenommen schon der drittgrößte Arbeitgeber in den Staaten mit fast einer Million Arbeitsplätzen. Der schwunghafte Handel mit den USA ist wiederum das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und nicht zu vergessen: Über 35.000 US-Soldaten auf deutschem Boden sorgen immer noch für mehr Sicherheit in gefährlichen Zeiten. Auf all diesem fußen auch künftig die deutsch-amerikanischen Beziehungen, und in vier Jahren wird dann erneut gewählt und manche Aufregung dieser Tage ist dann längst Geschichte.  

    NameKamala Harris
    Geburtsdatum20. Oktober 1964
    AmtVize-Präsidentin der USA
    ParteiDemokraten
    Familienstandverheiratet, zwei Stiefkinder