In Gymnasien zählt die Leistung, nicht die Herkunft. Und dies gilt auch für geflüchtete junge Leute.
Es wird immer wieder der Vorwurf laut, die Gymnasien würden sich nicht an der Integration geflüchteter junger Menschen beteiligen. Richtig ist, dass im vergangenen Schuljahr 1078 geflüchtete Schülerinnen und Schüler in fünf Basis- und 111 Internationalen Vorbereitungsklassen an Hamburger Gymnasien lernten und damit annähernd so viele wie an Stadtteilschulen.
Beim Wechsel in eine Regelklasse gelten für diese Schülergruppe dieselben Voraussetzungen wie für alle anderen Schülerinnen und Schüler auch. Es geht einzig und allein um Leistungsanforderungen – die Herkunft spielt keine Rolle. Es ist sicherlich problematisch, dass nur wenigen Schülerinnen und Schülern mit Fluchthintergrund der Übergang in eine Regelklasse am Gymnasium gelingt. Ich begrüße daher die Anstrengungen, die einige Gymnasien unternehmen, indem sie besondere „Abschlussklassen“ für Geflüchtete einrichten.
Schule in Hamburg: Regeln müssen für alle gelten
Aber wäre es darüber hinaus sinnvoll, die betroffene Schülergruppe unabhängig von den erbrachten Leistungen an den Gymnasien zu halten? Ich denke nein. Zum einen würde das zu einer Überforderung der Schülerinnen und Schüler führen. Stress und Leistungsdruck sind das Letzte, was diese Jugendlichen brauchen. Und zum anderen ist es eine Frage der Gerechtigkeit.
Regeln müssen für alle gelten. Schülerinnen und Schüler ohne Fluchthintergrund abzuschulen und diejenigen mit Fluchthintergrund am Gymnasium zu halten, würde unsere Gesellschaft noch mehr spalten und Ressentiments schüren.
Gleichmacherei gilt es unter allen Umständen zu verhindern
Bleibt die Möglichkeit, ganz auf das Abschulen zu verzichten – so wie es die Partei Die Linke fordert. Diese Forderung ergibt nur dann Sinn, wenn man die Gymnasien abschaffen möchte. Denn ein Gymnasium, das alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihren Begabungen und ihrer Leistungsbereitschaft aufnimmt, ist eine Schule für alle.
Eine solche Gleichmacherei gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Und das hat nichts mit „selbst ernannten Eliten“ zu tun, sondern mit Vielfalt.
Kinder und Jugendliche sind genau wie Erwachsene verschieden. Sie bringen unterschiedliche Stärken und Schwächen mit; sie lernen nicht alle im gleichen Tempo. Manche lieben Herausforderungen und arbeiten hervorragend unter Zeitdruck. Andere möchten sich nicht mit den Mitschülerinnen und Mitschülern messen. Es gibt Kinder, die beherrschen bei der Einschulung bereits alle vier Grundrechenarten, und andere können noch nicht bis 20 zählen. Manche sind zunächst noch ganz verspielt und verträumt. Manche haben gar keine Lust auf den Unterricht, andere sind hoch motiviert.
Bildungssystem muss Schüler dort abholen, wo sie stehen
Wichtig ist, dass die Schule und unser Bildungssystem sie alle dort abholt, wo sie stehen und ihnen die bestmöglichen Startchancen mit auf den Weg gibt. Alle Schülerinnen und Schüler sollen entsprechend ihren Stärken und Schwächen gefördert und gefordert werden. Und das gilt für diejenigen mit Migrationshintergrund genauso wie für diejenigen ohne. Das gilt für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und für Kinder, die besonders begabt oder hochbegabt sind. Jede Schülerin und jeder Schüler sollte in der Schule die pädagogische, die psychologische, die methodische und die fachliche Unterstützung bekommen, die sie oder er braucht.
Das erreichen wir nicht, indem wir die Gymnasien schlechtreden. Und das erreichen wir auch nicht, indem wir alle Schulen und alle Schülerinnen und Schüler gleichmachen. Dies funktioniert in einem durchlässigen, differenzierten Bildungswesen, das alle Abschlüsse anbietet, einen Wechsel zwischen den Schulformen ermöglicht und verschiedene Lerngeschwindigkeiten zulässt. In einem Schulsystem, in dem Diagnostik als Chance und nicht als Stigma empfunden wird. Und in einem Schulsystem, in dem viele verschiedene Professionen an einem Strang ziehen und die Schülerinnen und Schüler vielfältig unterstützen.
Schluss mit der Gleichmacherei! Schluss mit der ewigen Kritik am Gymnasium! Schluss mit dem Märchen von den Eliten! Konzentrieren wir uns endlich darauf, das bestehende Schulsystem zu stärken.