Eine Genossenschaft kann ein Weg aus der Krise der katholischen Schulen sein. Doch in dieser Rettung schlummern auch Gefahren.
An diesem Freitag zeigte sich Hamburg von einer seiner schönsten, ja vielleicht der edelsten Seite: Kein Gerede von der schönsten Stadt der Welt, keine selbstverliebte Nabelschau hinsichtlich der eigenen Bedeutung – nein, es ging um Bürgerengagement aus religiöser Überzeugung und gesellschaftlicher Verantwortung. Nichts anderes bedeutet die Idee eines kleinen Kreises von Initiatoren, eine Schulgenossenschaft mit dem Ziel zu gründen, die 21 Hamburger katholischen Schulen in eine neue Trägerschaft zu überführen.
„Wir wollen Eigenverantwortung organisieren, nicht Protest“, sagte einer der Initiatoren treffend. Die Botschaft könnte auch lauten: nicht jammern, machen. Dabei ist das Vorhaben ausgesprochen ehrgeizig: Möglichst schnell sollen 10.000 Mitglieder für die Genossenschaft geworben werden, die mit einem Anteil von jeweils 1000 Euro für das Startkapital sorgen sollen.
Katholische Schulen retten: So soll es gehen
Diese zehn Millionen Euro sind aber bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die eigentliche Herausforderung wird darin liegen, einen defizitären Schulapparat mit mehr als 800 Lehrern und knapp 9000 Schülern dauerhaft zu finanzieren – eine Aufgabe, man muss es so deutlich sagen, an der das Erzbistum Hamburg als Träger der 21 Schulen gescheitert ist.
Es gilt also nüchtern die Ausgangslage in den Blick zu nehmen: Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Ernst & Young hat dem Bistum eine Gesamtüberschuldung von 79 Millionen Euro attestiert, die auf mehr als 350 Millionen Euro bis 2021 emporschnellt, wenn nichts passiert. Wesentliche Ursache sind die Altlasten der Schulen. Derzeit fahren die 21 Standorte im laufenden Betrieb ein Defizit von rund zehn Millionen Euro ein – pro Jahr. Der Investitionsstau für die Schulgebäude beläuft sich auf mehr als 150 Millionen Euro. Und dann kommen noch Pensionslasten in nicht bekannter Höhe hinzu.
Das Erzbistum muss seinen Beitrag leisten
Man muss die Zahlen der Wirtschaftsberater infrage stellen und jede Position ausgesprochen kritisch hinterfragen – gerade auch mit den Betroffenen an den Schulen. Vermutlich lässt sich aus etlichen Posten noch Luft herauslassen. Am Ende wird es gleichwohl bei einer erheblichen Finanzierungslücke bleiben. Diese Lücke wird nur mit einer konzertierten Aktion zu schließen sein: Auch das Erzbistum muss bereit sein, seinen Beitrag zu leisten.
Schließlich wird die Stadt, die für die finanziellen Rahmenbedingungen verantwortlich ist, nicht umhinkönnen, auch einen Teil beizutragen. Das ist allerdings heikel, denn eine Besserstellung für die Katholiken unter den freien Schulträgern darf es nicht geben. Niemand darf auch für Misswirtschaft indirekt noch belohnt werden.
Trotz aller Probleme: Die Gründung der Genossenschaft wäre ein Signal des Aufbruchs. Sie setzt ein Ausrufezeichen der Hoffnung gegen die Weg-mit-Schaden-Politik, zu der sich das Erzbistum mit der Ankündigung, bis zu acht Schulen zu schließen, offensichtlich gezwungen sah. Die Entschlossenheit des Erzbischofs Stefan Heße, die Finanzen dauerhaft in Ordnung zu bringen, sollte nicht unterschätzt werden. Das heißt nichts anderes, als sich von Einrichtungen zu trennen. Die Schulen waren nur der Anfang.
Es ist im Interesse der Stadt, dass ein lebendiges und vielfältiges katholisches Schulleben erhalten bleibt. Aber es muss dafür eine tragfähige wirtschaftliche Lösung gefunden werden. Die Gründung einer Genossenschaft kann da nur der Anfang eines komplizierten Weges sein, für den aber leider nur wenig Zeit vorhanden ist.