Hamburg. Flirten? Gar nicht mal so leicht. Doch wie lernt man das richtig? Und warum im Alter damit nicht aufhört werden sollte.
Heute das Thema bei „Ich frage für einen Freund“, dem Sex-Podcast für Erwachsene mit Moderator Hajo Schumacher und Expertin Katrin Hinrichs:: Flirten.
Das letzte Abenteuer der Menschheit? Na klar, ein kleiner, frecher Flirt! Gar nicht so einfach, findet Journalist und Moderator Hajo Schumacher, der mit allem rund um Sex und Erotik normalerweise „gar keine Probleme“ hat und sich hier wie immer nur stellvertretend für seinen Kumpel erkundigt. Also: „Wie geht das eigentlich, dieses Flirten?“
Richtig flirten will gelernt sein – es geht um die Leichtigkeit des Lebens
Das sei gar nicht schwer, aber auch nicht immer ganz leicht, erklärt Sexualexpertin Katrin Hinrichs, die für eine Renaissance des Flirtens plädiert – absichtslos, freundlich oder mit dem offensiven Pinselblick. Die geschäftsmäßige Verkehrsanbahnung, die vor allem im Internet gepflegt wird, habe hingegen mit dem klassischen Flirt wenig zu tun. Es gehe bei diesem vielmehr um zarte Blicke, um einen kleinen Tanz, um die Leichtigkeit des Lebens, sagt Hinrichs.
Klingt gut, entgegnet Schumacher, aber: „Gerade Männer in den besten Jahren setzen sich in Zeiten von #metoo schnell dem Verdacht der Übergriffigkeit aus.“ So eng mag Hinrichs das nicht sehen und rät: „Einfach mal probieren.“
Goethe war nicht gut im Flirten
Zur Einstimmung aufs Thema liest Hinrichs den Text eines Herrn vor, der ganz offensichtlich nicht in unserer Zeit zu Hause ist: „Mein schönes Fräulein, darf ich es wagen, mein Arm und Geleit Ihr anzutragen?“ Und dann auch gleich die Antwort der Frau: „Bin weder Fräulein noch schön. Kann ungeleitet nach Hause gehen ...“
Schumacher kennt die Sätze. „Das war Goethe!“ Und amüsiert sich sogleich über den missglückten Flirt-Versuch.
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Hajo Schumacher und die Grenzen beim Anbaggern
Doch nun will Hinrichs von ihm wissen, wann er denn selbst das letzte Mal geflirtet habe. „Ich weiß gar nicht, ob ich das so genau sagen kann. Denn manchmal passiert ein Flirt einfach, ohne dass ich den so richtig abspeichern könnte.“ Und er gibt dann zu, tatsächlich ein Flirt-Problem zu haben, denn die Grenze zwischen unprätentiöser Kontaktaufnahme und „klebrigem Verhalten“ sei durchaus nicht immer leicht zu definieren. „Ein älterer Herr, der einer Praktikantin mal eben den Arm um die Hüfte legt, flirtet sicher nicht, sondern ist übergriffig“, so Schumacher.
Doch wo genau verläuft denn nun die feine Linie, die eine Grenze markiert? „Das ist leider nicht immer eindeutig“, sagt Hinrichs. Und Schumacher bestätigt: „Es hängt meiner Meinung nach auch davon ab, zu welcher Generation man gehört. Wir Boomer sind es noch gewohnt, dass man jemanden anbaggern darf, ohne vorher um Erlaubnis zu bitten. Bei Jüngeren, die grundsätzlich auf Konsens aus sind, sieht das schon ganz anders aus – da braucht man ja quasi oft schon eine schriftliche Einverständniserklärung, um überhaupt mit dem Flirten anzufangen ...“
Die Unterschiede zwischen Flirten und Flirten
„Ich unterscheide auch zwischen Flirten und Flirten“, sagt Hinrichs. „Wenn du heute jemanden im Fahrstuhl siehst und einfach mal einen freundlichen Blickkontakt wechselst, dann kann das schon ein Anfang sein.“ Aber halt ein vorsichtiger, ein leichter. Davon seien immer mehr Menschen allerdings oft weit entfernt, „die schicken sich mit dem Smartphone gleich Dick-Pics oder andere Bilder, wie es gerade untenrum so aussieht“. Mit Flirten habe das dann nichts mehr zu tun, das seien schon übersexualisierte Kommunikationsformen.
„Aber dann sag mir doch mal, wie man es richtig macht, ohne dass gleich ein blauer Beschwerdebrief kommt“, bittet Schumacher.
Es muss nicht immer auf Sex hinauslaufen
„Ganz zart musst du anfangen, homöopathisch“, rät die Expertin. „Wenn man jemanden nett anlächelt, ist oft schon ein Anfang gemacht.“ Ob das dann wirklich zum Ziel führe, den anderen oder die andere irgendwann ins Bett zu kriegen, fragt Schumacher nach. „Flirten ist nicht immer an sexuelle Handlungen gebunden. Aber ja, es ist der Einstieg dafür, das war immer schon so“, antwortet Hinrichs.
Er hole sich über das Flirten auch ein Stück weit Selbstbestätigung, gibt Schumacher zu. „Wenn ich eine Resonanz kriege, habe ich das Gefühl, auf dem Markt noch gefragt zu sein.“ Deshalb könne bei ihm durchaus mal ein kurzer Flirt mit der Kassiererin im Supermarkt entstehen, ohne dass er gleich daran denke, mit ihr irgendwann intim zu werden. „Guten Tag zu sagen bricht da schon mal das Eis.“
Richtig flirten will gelernt sein – im Alter fühlen sich Frauen ohne oft übersehen
„Und wann hast du das letze Mal mit deiner Frau geflirtet?“, fragt Hinrichs. „Das ist gar nicht so lange her“, sagt Schumacher, „das passiert relativ häufig. Aber in der Tat war es so, dass wir das erst wieder gelernt haben. Es geht ja darum, dem anderen zu signalisieren: Ich sehe dich.“
Nervt es Frauen eigentlich, immer und überall angeflirtet zu werden? „Ja, wenn sie jung sind, kann das durchaus passieren“, sagt Hinrichs. „Kommen die Frauen dann aber in die angeblich besten Jahre und hört das Flirten plötzlich auf, ist die Enttäuschung darüber bei vielen groß – weil sie sich nun von Männern übersehen fühlen.“