Hamburg/Kiel. Ministerin knickt nach Protesten ein: 25.000 Abschlussklässler werden nicht in Schleswig-Holsteins Schulen gezwungen.
Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) will nun doch auch in den Abschlussklassen Distanzunterricht zulassen. Nach heftigen Protesten von Elternbeiräten, Schulleiter und der Lehrergewerkschaft GEW hat sie damit eine neuerliche Wende vollzogen. Noch am Montag hatten trotz steigender Corona-Zahlen und bundesweiter Schulschließungen 25.000 Kinder und Jugendliche in die Schulen im Norden kommen müssen.
Die Wende erreichte die Schulleiter am Montagabend per Mail. Drei Seiten Text waren erforderlich, um zu erläutern, wie das Bildungsministerium den Unterricht in den neunten und zehnten Klassen sowie in den Abiturjahrgängen zu gestalten gedenkt. In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Die Schüler der Abschlussklassen sollen nach Stundentafel (nicht Stundenplan) und gemäß den Fachanforderungen unterrichtet werden. Da das in den Schulen unterschiedlich gut abbildbar ist, kann dies sowohl im Rahmen von Präsenzunterricht als auch in Distanzlernformaten geschehen.“
Eine Woche voller Wendungen in Schleswig-Holstein
Mit dieser Entscheidung der Ministerin geht eine Woche voller Wendungen zu Ende. Prien hatte vergangene Woche zunächst verlautbaren lassen, wegen des Corona-Infektionsgeschehens könne man die Schulen „nicht verantwortlich öffnen“. Prien wörtlich: „Wir gehen in den Distanzunterricht.“ In einer Pressekonferenz am Mittwoch und einer Landtagsdebatte am Donnerstag bekräftigte sie diesen Kurs. Nur für die Abschlussklassen werde es „Lern- und Unterrichtsangebote in Präsenz“ geben.
In einem Schreiben des Ministeriums an die Schulleiter vom selben Tag klang das allerdings anders. Dort hieß es: Alle Schüler der Abschlussklassen erhalten Präsenzunterricht gemäß Stundentafel. Keine Rede mehr von Freiwilligkeit, von Unterrichtsangeboten, die man nutzen kann oder eben auch nicht. Vor allem auch keine Beschränkung des Unterrichts auf die Kernfächer, die für die Prüfungen wichtig sind. Denn „Stundentafel“ heißt: das komplette Fächerangebot.
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Am Montag, als deshalb 25.000 Schleswig-Holsteiner in den Schulen unterrichtet wurden, führte diese Regelung zu einem teilweise absurd anmutenden Streit über angebliche oder tatsächliche Bedeutungsnuancen. „Stundentafel“ heiße nicht „Stundenplan“, hieß es im Ministerium – offenbar der Versuch, Priens Wende mit semantischen Spitzfindigkeiten zu verhüllen. Die Ministerin sagte dazu: „Unser Ziel ist auch weiterhin, die Auswirkungen der Pandemie auf Bildungsbiografien so gering wie möglich zu halten. Die Vorbereitung der Abschlussjahrgänge auf die Prüfungen ist von großer Bedeutung und kann nicht ohne Präsenzunterricht erfolgen.“ Dabei gehe es nicht nur um die sogenannten Kernfächer, sondern um alle Fächer.
Bei der SPD-Opposition sorgt der Schlingerkurs von Prien für Kopfschütteln. Mit einem Landtagsantrag will sie darauf dringen, dass künftig die Ankündigungen der Ministerin gegenüber dem Landtag und den Medien mit dem Handeln des Ministeriums übereinstimmen.