Lübeck/Reinbek. Fast zwölf Jahre nach der Tat führte eine Spur zu Akif C., dem jetzt vor dem Landgericht Lübeck der Prozess gemacht wird.
Rund zwölf Jahre nach dem bewaffneten Überfall auf die Bar „Café Brasil“ in Reinbek hat am Donnerstag vor der III. Großen Strafkammer am Landgericht Lübeck das Verfahren gegen einen 33 Jahre alten Mann aus der Stadt im Süden Stormarns begonnen. Der Reinbeker soll bei dem Raub 1300 Euro erbeutet haben. Die Staatsanwaltschaft legt ihm schwere räuberische Erpressung, versuchten schweren Raub und gefährliche Körperverletzung zur Last (Az.: 780 Js 34738/19).
Am späten Abend des 18. Mai 2009, einem Montag, soll Akif C. (Name geändert) zugeschlagen haben. Das „Café Brasil“ ist ein beliebter Treffpunkt für Fußballfans. Regelmäßig zeigt das Lokal an der Straße Am Ladenzentrum Live-Übertragungen von Begegnungen der Bundesliga und Champions League. Gegen 23.30 Uhr soll der 33-Jährige maskiert und mit einer geladenen Schreckschusswaffe in die Bar gestürmt sein.
„Der Angeklagte forderte die Anwesenden lautstark auf, die Hände zu erheben“, heißt es in der Anklage. Akif C. soll zielstrebig auf den Geschäftsführer des Lokals zugegangen sein, der zu diesem Zeitpunkt hinter dem Tresen stand und Gäste bediente. „Der Angeklagte hat den Zeugen bedroht und unter Vorhalt der Waffe aufgefordert, ihm die Einnahmen aus der Kasse auszuhändigen“, sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft vor Gericht. Falls der Geschäftsführer nicht kooperiere, habe der 33-Jährige gedroht, „alle umzubringen“.
Geschäftsinhaber gab dem Räuber 1300 Euro
Der eingeschüchterte Geschäftsinhaber habe dem Räuber, der 1987 in der Türkei geboren wurde, daraufhin die Tageseinnahmen in Höhe von 500 Euro aus der Kasse sowie weitere 800 Euro aus seiner Hosentasche ausgehändigt. Ein Gast, der zu diesem Zeitpunkt am Kopfende des Tresens saß, habe währenddessen sein Handy und seine Geldbörse in einen nahen Blumenkübel geworfen, um die Wertgegenstände vor dem Kriminellen in Sicherheit zu bringen. Dies habe der 33-Jährige jedoch bemerkt und sich dem Mann zugewandt. „Der Angeklagte forderte den Zeugen auf die Hände über den Kopf zu heben, und griff anschließend in dessen Hosentaschen“, sagte die Staatsanwältin.
Noch bevor C. dabei etwas habe erbeuten können, habe der Gast nach der Schreckschusswaffe gegriffen und versucht, diese dem 33-Jährigen zu entreißen. „Es kam zu einer Rangelei, während der der Angeklagte insgesamt drei Schüsse abgab“, so die Staatsanwältin. Eine Platzpatrone soll den Gast dabei ins Gesicht getroffen haben. „Der Zeuge erlitt Schwellungen und Rötungen“, heißt es in der Anklageschrift. Anschließend soll C. mit dem erbeuteten Geld über den Innenhof des Ladenzentrums in Richtung Klosterbergenstraße geflüchtet sein. Eine unmittelbar nach dem Alarm von der Polizei eingeleitete Großfahndung blieb erfolglos. Auch der Einsatz von Spürhunden brachte die Ermittler nicht auf die Spur des 33-Jährigen, er entkam unerkannt.
Angeklagter ist wegen mehrerer ähnlicher Vergehen vorbestraft
Mehr als zehn Jahre konnte der Reinbeker untertauchen. Das entscheidende Beweismittel, mit dem es den Beamten doch noch gelang, Akif C. zu überführen, wurde nach Angaben von Oberstaatsanwältin Ulla Hingst erst vor einigen Monaten sichergestellt. Es handelt sich ihr zufolge um einen Gegenstand, auf dem DNA-Spuren des Angeklagten entdeckt worden sind. Nähere Angaben wollte Hingst mit Rücksicht auf das laufende Verfahren nicht machen, die Erkenntnisse würden zu einem späteren Zeitpunkt im Prozess vorgestellt.
Nach Abendblatt-Informationen ist Akif C. bereits wegen mehrerer ähnlicher Vergehen vorbestraft. Zuletzt verurteilte ihn laut Hingst das Landgericht Hamburg 2018 wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Die Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Wird der Reinbeker in dem aktuellen Verfahren verurteilt, könnte die Bewährungsstrafe nach Angaben der Staatsanwaltschaft mit einer möglichen Gefängnisstrafe zusammengezogen werden. In diesem Fall müsste C. erheblich länger hinter Gitter.
Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin, Gesine Brunkow, steht auch eine Verständigung zur Debatte. Bei einer solchen einigen sich Gericht und Angeklagter im Gegenzug für ein Geständnis auf ein zu erwartendes Strafmaß. Voraussetzung ist, dass auch die Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde der Übereinkunft zustimmt. Gespräche dazu im Vorfeld der Verhandlung seien aber aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen bezüglich des Strafmaßes ohne Ergebnis geblieben.
Das Gericht hat fünf Zeugen geladen
C.s Verteidiger, der Rechtsanwalt Nicolai Preuß, hatte eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten vorgeschlagen. Eine solche sah das Gericht jedoch als dem Tatvorwurf nicht angemessen an. „Die Kammer lehnt eine Bewährungsstrafe ab“, sagte Brunkow. Das Gericht könne sich einen Strafrahmen zwischen zwei Jahren und neun Monaten bis hin zu dreieinhalb Jahren Gefängnis vorstellen. Die Staatsanwaltschaft forderte im Falle eine Verständigung mindestens drei Jahre Haft.
Vor Gericht äußerte sich der 33-Jährige nicht zu dem Tatvorwurf. „Gegebenenfalls wird mein Mandant später noch Angaben machen“, sagte dessen Verteidiger Preuß. Am Donnerstag wurde zunächst nur die Anklageschrift verlesen. Die fünf Zeugen, die das Gericht geladen hat, sollen erst am Donnerstag, 29. April, gehört werden. Am selben Tag soll auch das Urteil fallen.