Wenn das Hamburger Architekturbüro TCHOBAN VOSS Architekten BDA bei seinen Entwürfen Klinkermauer-werk vorschlägt, könnte man meinen, dies sei der hanseatischen Tradition des Büros geschuldet, lässt sich dessen Gründung in der Elbmetropole doch bis in die Vorkriegszeit zurückverfolgen. Heute wird das Büro mit Standorten in Hamburg, Berlin und Dresden in dritter Generation von Sergei Tchoban und Ekkehard Voss geführt und zählt über 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Und ja, ist es einerseits der regionale Bezug, der Tchoban und Voss auf das Material Klinker als Referenz an das bebaute Umfeld zurückgreifen lässt und spielt die willkommene Vertrautheit für den Betrachter mitunter eine Rolle, sichtbares Ziegelmauerwerk bei den Wohnbauten, Bürogebäuden und Hotelbauten des Büros einzusetzen, so ist es hauptsächlich die wertstabile Qualität des Baustoffs, die Nachhaltigkeit und große gestalterische Bandbreite des „kleinen Steins“, die beide so sehr schätzen. Das enorme Spektrum der breit variierenden Farbpalette, die vielerlei Oberflächen, Formate und Nuancen, die durch den handwerklichen Herstellungsprozess bedingt sind, reizen die Architekten.

Hotel Amano, Berlin.
Hotel Amano, Berlin. © ©Martin Tervoort | Unbekannt

Beim Amano-Hotel gegenüber dem Berliner Hauptbahnhof mag die Verwendung von Klinker zunächst überraschend sein. Hier erscheint er wohltuend in seiner hellen Farbgebung. In Berlin sind aus der Schinkelschen Tradition heraus wichtige und öffentliche Bauwerke gern mit kraftvoll rotem Ziegelmauerwerk gestaltet und oft reich verziert worden. Das Amano führt diese Tradition zeitgemäß interpretiert fort.

Das Dreigiebelhaus in der Steinstraße 20 der vorpommerschen Hansestadt Anklam.
Das Dreigiebelhaus in der Steinstraße 20 der vorpommerschen Hansestadt Anklam. © ©Daniel Sumesgutner | Unbekannt

Denn heute wird der wertvolle Baustoff handwerklich oft sparsamer verarbeitet, entfaltet aber in der größeren Fläche und mit wechselndem Licht ein brillantes Fugen- und Farbenspiel und somit seine ganze Kraft. Das Dreigiebelhaus in der Steinstraße der vorpommerschen Hansestadt Anklam ist mit seinen in den Farbtönen differenzierten Giebeln und seiner zeitgemäßen Interpretation des stadtbildtypischen Ziegelthemas so ein Beispiel. Das Wohnhaus ist zu einem „Leitbauwerk“ für den aktuellen Wiederaufbau der Innenstadt und mit einer Belobigung beim Deutschen Städtebaupreis 2020 ausgezeichnet geworden.

Nun sind in den norddeutschen Innenstädten nicht zu allen Zeiten die Gebäude ausschließlich mit Ziegelsichtmauerwerk errichtet worden. Lübeck als auch Hamburg haben bedeutende, verputzte, steinerne Bauten z.B. aus der Zeit des Klassizismus. In Mecklenburg sind die Wohnbauten der inneren Stadt meist Putzbauten, oft farbig und kontrastierend zu den backsteinernen Kirchen, Rathäusern und Gerichtsgebäuden.

Heute wird Typologie-übergreifend Ziegelmauerwerk eingesetzt. Als wertige und solide Fassadenmaterialien trotzen Ziegelsteine von je her Wind und Wetter und schaffen darüber hinaus eine Maßstäblichkeit auf Grund Ihres Formates. Das sichtbar feine Netz aus zum Teil eingefärbten Fugen und Steinen unterschiedlicher Formate ist Bestandteil der Gestaltung und hält die Erinnerung an die handwerklichen Fertigkeiten der Maurer wach.

Das Geschäftshaus Große Bleichen 19 in der Hamburger City.
Das Geschäftshaus Große Bleichen 19 in der Hamburger City. © ©Markus Tollhopf | Unbekannt

Beim Shoppingcenter „Theo“ in Husum sind die schlanken Pfeiler mit Formsteinen ausgebildet und erzeugen ein subtiles Spiel von konturierenden Schatten um die großen Schaufenster. Beim Geschäftshaus Große Bleichen 19 in der Hamburger City war die Einordnung in das sensible Umfeld neben dem denkmalgeschützten Châteauneuf-Gebäude der Alten Post maßgebend für die Farb- und Materialwahl der handgestrichenen rötlich-braun changierenden Ziegelsteine. Ganz selbstverständlich vermittelt das Gebäude von TCHOBAN VOSS Architekten zu beiden Seiten hin zwischen unterschiedlichen Ausdrucksformen des Bauens mit Klinkermauerwerk aus zwei verschiedenen Epochen.

Wohn- und Geschäftshaus am Dresdner Postplatz.
Wohn- und Geschäftshaus am Dresdner Postplatz. © ©Michael Moser | Unbekannt

Als vorbildliches Klinkerprojekt wurde das Projekt „Wohnen am Rhiemsweg“ 2020 mit dem 3. Preisrang sowohl beim BDA Hamburg Architektur Preis als auch beim Wohnbaupreis Hamburg ausgezeichnet – und in Hamburg-Ohlsdorf entsteht das genossenschaftliche „Rübenkampquartier“ als Klinker-Ensemble – ca. 370 Wohnungen in insgesamt 10 Bauabschnitten.

Das Bauen mit Ziegelmauerwerk ist zeitlos aktuell. Selbst die sächsische Dependance des Büros hat mit dem Wohn- und Geschäftshaus am Dresdner Postplatz ein beachtenswertes Beispiel zeitgemäßer Ziegelfassaden geschaffen, an ganz zentraler Stelle gegenüber dem sandsteinernen Zwinger. Hier ist es der wohltuende Kontrast des zurückhaltenden Materials, mit dem der Bau gar nicht erst versucht, mit dem stadtgeschichtlich so bedeutenden Bauwerk zu konkurrieren. Es bildet den hellen und selbstverständlichen „Stadthintergrund“, selbstbewusst und ohne nach Aufmerksamkeit zu heischen.

In dieser Haltung entstehen die Bauwerke des Architekturbüros. Die so geplanten Gebäude fügen sich in den urbanen Kontext, bauen die Städte weiter, akzentuieren, müssen aber nicht immer um jeden Preis auffallen. Neben Klinker werden auch gerne Natursteine eingesetzt: Die Langlebigkeit der Materialien die mit den Jahren zunehmende, wohltuende Patina, die die jeweiligen Fassaden würdevoll altern lässt, sind Teil der Überzeugung, aber auch des Werbens für den Einsatz natürlicher, nachhaltiger Baustoffe. Für das umfangreiche Spektrum der Arbeiten von TCHOBAN VOSS Architekten in diesem Bereich lassen sich unter www.tchobanvoss.de daher unzählige Beispiele finden.

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