Es ist eine Kanzler-Wahl: Alle CDU-Kandidaten haben schon jetzt gewonnen

Noch wenige Stunden, und die CDU hat eine neue Führung. Es war richtig von Angela Merkel, Druck vom Kessel zu nehmen. Deutschland und die Welt er- leben zurzeit eine Regierungschefin, die gelöst ist wie seit Jahren nicht. Der Res­pekt für ihre Leistung ist an die Stammtische und in die Leitartikel-Spalten zurückgekehrt. Wahrscheinlich muss sich Angela Merkel in unbeobachteten Momenten kneifen, um zu realisieren: Nein, es ist kein Traum. Sogar Friedrich Merz und Jens Spahn loben mich!

Aber nicht nur für Merkel hat sich der Schritt gelohnt. Auch die alte Tante CDU zeigt plötzlich, wie viel Leben in ihr steckt – und lässt die SPD noch älter aussehen. Und ganz egal, wie das Rennen um den CDU-Vorsitz ausgeht: Alle Bewerber können sich am Ende zwar nicht als Sieger, aber doch als Gewinner fühlen. Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich überzeugend emanzipiert hat. Weg von der angeblichen „Mini-Merkel“, hin zu einer Politikerin, die für ihre Ziele hohes persönliches Risiko geht. Merz hat bewiesen: Klare wirtschaftspolitische Kante, liberaler Geist und rhetorisches Talent wirken wie Turbo-Dünger auf ausgezehrten politischen Boden. Sein vielleicht größtes Verdienst ist, dass er die Herausforderung durch die AfD angenommen hat. Und dann Spahn. Der Kandidat, dem nicht mal Außenseiterchancen eingeräumt werden, hat bewiesen, dass er ein Steher ist.

Bei der SPD war die jüngste Kanzlerkandidatur wie die heiße Kartoffel. Keiner wollte sie – und der Letzte verbrannte sich die Finger an ihr. Dabei ist es weder peinlich noch eine Schande, wenn einer früh sagt: Ja, ich will Kanzler werden! Jetzt liegt es an den 1001 Delegierten, zu entscheiden. Ihre Verantwortung ist groß. Denn wer am Freitag siegt, wird auch ziemlich wahrscheinlich der oder die nächste Kanzler/in sein. Alles andere wäre ein kleines politisches Wunder.