Hamburg. Noch Vorwürfen des Verfassungsschutzes steht das Islamische Zentrum wieder in der Kritik – und damit der Staatsvertrag.
Wirklich überraschen können die neuen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes nur Politiker, die sich an den bekannten drei Affen orientieren: Wenn es um das Islamische Zentrum Hamburg geht, wollen manche lieber nichts sehen, nichts hören – und am liebsten auch nichts sagen.
Doch das so beliebte Wegducken, Weghören und Wegschauen wird auf die Dauer nicht helfen. Hamburg hat kein Problem mit dem Islam, aber ein arges Problem mit manchen islamischen Verbänden. Dummerweise gehören dazu Einrichtungen, mit denen die Stadt 2012 zumindest indirekt den Staatsvertrag abgeschlossen hat.
IZH als Außenposten des iranischen Regimes
So war der Verfassungsschutz schon damals zu der Erkenntnis gelangt, dass etwa das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) in der Blauen Moschee als wichtiger Außenposten des iranischen Regimes den Export der islamischen Revolution anstrebe. Aktuelle iranische Dokumente zeigen nun die Weisungsgebundenheit des IZH-Leiters Mohammad Hadi Mofatteh an das iranische Regime. Die Selbstinszenierung des IZH als rein religiöse, von Teheran unabhängige Einrichtung sei unglaubwürdig, betonen die Verfassungsschützer.
Der Iran, daran sei noch einmal erinnert, ist der Staat, der Israel regelmäßig mit der kompletten Zerstörung droht, politische Gegner gnadenlos verfolgt, Frauen systematisch diskriminiert und Homosexuelle öffentlich erhängt.
IZH nicht offen erkennbar islamistisch
Das IZH, so warnt der Verfassungsschutz, sei nicht offen erkennbar islamistisch, sondern inszeniere sich als interkulturelle und interreligiöse Begegnungsstätte, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur und Gesellschaft akzeptiert zu werden. Trotzdem fällt das IZH immer wieder auf, etwa mit der Teilnahme an der antisemitischen Al-Quds-Demonstration oder der Gedenkfeier 2020 für den iranischen General Qassem Soleimani, der als Terrorpate gilt.
Da mag verwundern, dass trotz der scharfen Kritik sich der islamische Dachverband Schura weiter vor das IZH stellt: „Ich glaube in diesem Punkt eher dem IZH als den Sicherheitsbehörden“, gab das Vorstandsmitglied Norbert Müller nun in der „Welt am Sonntag“ zu Protokoll. Allerdings ist es der gleiche Mann, der in der islamischen Revolution des Ajatollah Khomeini ein persönliches Erweckungserlebnis hatte, wie er vor Jahren in einem Interview verriet: Die islamische Revolution faszinierte Müller, im IZH sprach er sein Glaubensbekenntnis.
Islamische Verbände fallen durch Radikalismus auf
Leider fallen islamische Verbände immer wieder durch Radikalismus auf und schüren selbst Zweifel an der Verfassungstreue dieser Partner. Erst kürzlich teilte die Schura auf Facebook Demoaufrufe umstrittener Gruppen, hinter denen die Hamas steht.
Da verwundert es nicht, dass die Rufe nach einer Kündigung der Staatsverträge mit den islamischen Verbänden wieder lauter werden. Können Organisationen, die aus dem Ausland gesteuert werden wie das IZH aus Iran oder die Ditib aus der Türkei wirklich Partner der Stadt sein? Werden damit nicht ausgerechnet problematische und erzkonservative religiöse Interessensvertreter als Gesprächspartner geadelt und gemäßigte Muslime geschwächt? All diese Fragen hätte man intensiv schon vor der Unterzeichnung der Staatsverträge, die übrigens noch der frühere CDU-Bürgermeister Ole von Beust angestoßen hatte, diskutieren müssen. Das unterblieb.
Kündigung der Staatsverträge könnte fatal sein
Genauso fatal könnte nun aber die von Union, FDP und AfD geforderte Kündigung der Staatsverträge sein – sie dürfte die Hardliner stärken und die Verbände in ihrer geliebten Opferrolle bestätigen. Stattdessen ist ein klarer und kontroverser Dialog vonnöten – und die Definition, wo die roten Linien verlaufen. Länger wegschauen, weghören und schönreden ist keine Alternative mehr.