Ein E-Mail-Wechsel von Abendblatt und „Cicero“.

Christoph Schwennicke, Chefredakteur des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.


Haider: Lieber Christoph, täusche ich mich, oder haben wir sehr, sehr lange nicht mehr über Annegret Kramp-Karrenbauer gesprochen? Ist ruhig geworden um die CDU-Vorsitzende …


Schwennicke: Sie ist nicht zu beneiden. Solange Angela Merkel ihr Kanzleramt als Austragshäusl begreift, ist die Beinfreiheit der neuen CDU-Chefin begrenzt. Und schon am 26. Mai mit den Europawahlen könnte ihr ein schlechtes Ergebnis das Leben noch schwerer machen. Weil es mit ihr nach Hause geht. Obwohl es am Schwebezustand liegt, für den sie gar nicht so viel kann.


Haider: Das heißt, meine Berliner Quellen haben recht, wenn sie sagen: Mit jedem Monat, den AKK nicht Kanzlerin wird, wird es schwieriger, dass sie es überhaupt wird.


Schwennicke: Das ist eine schöne Kurzformel für ihre tragische Lage. In der klassischen Tragödie ist es immer so, dass der tragische Held in die Katastrophe schlittert, auf deren Eintritt er oder sie keinen Einfluss hat. Womit wir pfeilgerade beim neuen „Cicero“ sind. Wir feiern auf dem Titel 200 Jahre „Faust“ auf der Bühne. Und fragen im Heft diverse prominente Menschen aus Kultur, Sport und Politik, was sie mit „Faust“ verbinden. Was fällt dir als Erstes dazu ein, ganz spontan?


Haider: Mein Heiratsantrag.


Schwennicke: Was? Wie? Das ist die mit Abstand überraschendste Antwort von allen. Erklär sie mir!


Haider: Ich hatte vor, um die Hand meiner Frau in Goethes Wohnhaus in Weimar anzuhalten. Wir standen schon im Flur, ich suchte den Ring in meiner Hosentasche – und dann kam eine japanische Reisegruppe, die Stimmung war dahin, und die Hand in meiner Tasche wurde zur Faust.


Schwennicke: Jetzt bin ich kurz sprachlos. Hast du deinen Handkrampf lösen können? Denn es scheint ja trotz Reisegruppe was geworden zu sein mit euch. Mein Gott, ist das schön, dein faustischer Moment im Haus des Meisters, das kann man sich nicht ausdenken.