Todendorf. Schon in der Kindheit spielten Hunde eine große Rolle bei Nadine Seeger. Seit 2018 ist sie Hundetrainerin – aber keine gewöhnliche.
Wenn Nadine Seeger morgens aufsteht, dann muss sie ihre Bettdecke nicht selbst zurückschlagen. Aufs Kommando zieht ihr Rottweiler Django die Decke weg, damit Frauchen bequem aus dem Bett schlüpfen kann. Wenn in der Wohnung Socken herumliegen, räumt er auf. Als sie noch in der Gastronomie gearbeitet hat, hat Django sogar Geld zur Bank gebracht. Die 35-Jährige ist Hundetrainerin – aber keine gewöhnliche. Die Mission ihrer Hundeschule PET (Psychologisch entwickeltes Training) in Todendorf lautet: Hundetraining neu denken und gezielt die Fähigkeiten der Vierbeiner fördern. Nicht nur die Menschen sollen etwas davon haben, sondern vor allem die Hunde. „Ich möchte Hunden und Haltern das Leben leichter machen“, sagt sie.
Hunde spielten schon in der Kindheit eine große Rolle bei Nadine Seeger
Angefangen hat alles in der Kindheit. Als Nadine Seeger in Celle auf die Welt kam, wurde sie in eine Familie mit zwei Hunden hineingeboren. Mit einem Schäferhund und einem Rottweiler an ihrer Seite ist sie aufgewachsen. „Der Rottweiler war mein Fels in der Brandung,“, sagt sie. Doch nicht nur zu dem, sondern auch zum Nachbarhund Teddy hatte sie eine enge Bindung.
Doch bevor Nadine Seeger auch beruflich auf den Hund kam, arbeitete sie zunächst im Gastgewerbe. In Hannover absolvierte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau. Vor 17 Jahren kam sie nach Hamburg, arbeitete im Hotel, bildete sich zur Barista weiter, machte sich mit einer mobilen Bar selbstständig und hatte in Barsbüttel „ein süßes kleines Café“. Doch das Haus wurde verkauft, Seeger musste die Räume verlassen. „Dann habe ich überlegt, was ich sonst gerne mache. Und dann saßen da zwei Vierbeiner vor mir und ich dachte: Dann mache ich jetzt etwas mit Hunden“, sagt sie. Sie studierte Verhaltenstherapie für Hunde an der Akademie für Tiernaturheilkunde. „Ich bin bewusst Verhaltenstherapeutin und nicht Trainerin geworden, weil mich interessiert hat, was in einem Hund passiert, wenn er bestimmte Dinge macht“, sagt Seeger.
Seeger: „Mit Hund bin ich vollkommener“
Schon als sie als Gastronomin selbstständig wurde, holte sich Seeger wieder Hunde in ihr Leben – zunächst eine Hündin aus dem Tierschutz, einen Border-Collie-Mix namens Early Bird. Sie musste nach drei Jahren eingeschläfert werden. „Ich habe es nicht lange ohne Hund ausgehalten“, sagt Seeger. Danach kamen der Border-Collie-Mix Lotta und Rottweiler Django in Nadine Seegers Leben, die auch heute noch da sind – neben Loui, Benno und Brunhilda. Was für sie das schönste am Leben mit Hunden ist? „Der Hund ist immer da, er liebt einen bedingungslos. Er ist mein bester Freund, jemand, um den ich mich kümmern kann. Ich bin mit Hund einfach vollkommener“, sagt sie.
Als Seeger das Studium an der Fernuni aufnahm, war das Ziel noch nicht, damit Geld zu verdienen. „Eigentlich wollte ich vor allem meinen Rottweiler Django besser verstehen“, sagt sie. „Ich habe viel in der Erziehung falsch gemacht. Ich wollte, dass er perfekt funktioniert.“ Django war nicht der ruhige, ausgelassene Hund, den Seeger aus ihrer Kindheit kannte. „Wir haben uns immer aneinander gerieben.“ Das Studium half ihr, ihren Hund besser zu verstehen.
2018 startete sie mit einer Hundebetreuung
„Dass ich damit Geld verdienen würde, war gar nicht primär mein Antrieb, das kam quasi von selbst“, sagt Seeger. Zur Hundebetreuung sei sie wie die Jungfrau zum Kinde gekommen: „Freunde, Bekannte und Nachbarn haben von meinem Studium mitbekommen. Auf einmal hatte ich deren Hunde zur Betreuung bei mir zu Hause. Mir war gar nicht klar, wie groß der Bedarf da ist“, sagt sie.
Für ihren Job als Hundebetreuerin suchte sie eine Halle – was sich in Hamburg als alles andere als leicht erwies. Ein Makler zeigte ihr in Todendorf einen Resthof inklusive einem Hektar Land, der allerdings nur zum Verkauf und nicht wie geplant zur Miete zur Verfügung stand. Seeger: „Ich habe mir das angeguckt und am gleichen Tag gesagt: Ich unterschreibe.“ Das war 2018. Mit zehn Hunden zur Betreuung zog sie ein – damals noch alleine. Heute hat sie zwölf Mitarbeiter.
Im Studium hat viel über die Verhaltensweisen von Hunden verstanden
Nach und nach hat sich das Unternehmen zu dem entwickelt, was es heute ist. Neben der Hundebetreuung bietet Nadine Seeger in Todendorf auch Hundetraining an – und zwar auf eine ganz besondere Art und Weise. Denn: „Ich hatte schon während des Studiums immer wieder das Gefühl, dass im System irgendetwas nicht stimmt.“ Ihre Meinung dazu: „Die meisten Hundetrainer arbeiten gegen Probleme an, die eigentlich gar nicht da sein müssten.“
Das wiederum hat ihrer Einschätzung nach unter anderem mit der Genetik und dem Werdegang vom Wolf zum Hund zu tun. „Im Studium ist mir ein Licht aufgegangen“, sagt Seeger. „Ich verstand, dass es in den Genen der Hunde liegt, für uns zu arbeiten: Als Wachhunde, Schutzhunde oder Jäger.“ Den meisten Hunden fehle es heutzutage schlicht an einem Job. Deshalb ist es ihre Mission, Hunden eine Aufgabe, die ihren Fähigkeiten entspricht, zurückzugeben, sie entsprechend zu fordern und zu fördern – und zwar zeitgemäß und so, dass Hund und Mensch davon profitieren. „Wir brauchen heute kaum noch Jagdhunde. Aber wir können ihnen neue Jobs geben. Hunde haben so wahnsinnige Fähigkeiten, sie können unfassbare Dinge für uns tun.“ Die Fragen, die sich deshalb jeder Hundehalter stellen sollte, lauten: Was kann mein Hund besonders gut? Wie kann ich ihm helfen, daraus eine Aufgabe zu machen?
Momentan entsteht in Todendorf ein Hundekompetenzzentrum
Im Idealfall ist das eine Win-Win-Situation. „Mein Rottweiler Django apportiert wahnsinnig gerne“, sagt Seeger. „Ich habe ihm beigebracht, aufzuräumen, Wäsche zu sammeln, mir mein Handy zu bringen, meine Autoschlüssel zu finden.“ Ihr Schäferhund Loui rennt für sein Leben gerne. „Der holt morgens die Brötchen vom Bäcker“, sagt die Hundetrainerin.
Konkret trainiert Nadine Seeger die Hunde in Zusammenarbeit mit Herrchen und Frauchen mithilfe von positiver Verstärkung. „Jeder Hund ist ein Individuum und auch rassebedingt gibt es Unterschiede“, sagt Seeger. „Border Collies sind zum Beispiel sehr aufmerksam und begeisterungsfähig. Rottweiler sind intelligent, manchmal aber auch ein bisschen dickköpfig. Die meisten Retriever apportieren gerne.“ Grundsätzlich gehe es aber darum, für jeden Hund das richtige Thema zu finden.
Langfristig möchte Nadine Seeger ihre Mission weiter vorantreiben und „Hundetraining auf eine neue Stufe heben“, sagt sie. Dafür baut sie im Moment auf 190 Quadratmetern ein Hundekompetenzzentrum. Dort sollen künftig sowohl Trainer als auch Hundehalter noch mehr über ihren haarigen Vierbeiner lernen können.