Fehmarn. Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für Ostseetunnel. In Dänemark wird schon gebaut, Schleswig-Holstein könnte folgen. Oder?
Jahrhundertbauwerk, Meilenstein, ökologische Katastrophe – für den geplanten Fehmarnbelttunnel gab es schon viele Bezeichnungen. Bald sollen die Bauarbeiten eines der größten Infrastrukturprojekte Europas auf der deutschen Seite beginnen, sagte Denise Juchem von der Projektgesellschaft Femern A/S. Am 3. November hatte das Bundesverwaltungsgericht alle Klagen gegen die umstrittene Verbindung zwischen Deutschland und Dänemark abgewiesen. Die Aushubarbeiten für den eigentlichen Tunnel sollen im Sommer 2021 beginnen.
Naturschützer hadern allerdings mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Sie halten die Pläne aus Gründen des Klimaschutzes für anachronistisch und erwägen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht.
Für Hinterlandanbindung laufen die Vorbereitungen
Auch für die Hinterlandanbindung des Tunnels, die Gegenstand eines gesonderten Genehmigungsverfahrens ist, laufen die Vorbereitungen. Es sei geplant, 2021/2022 mit der Erneuerung der Signaltechnik an der Strecke zu starten, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Man gehe weiterhin davon aus, gemeinsam mit den den Dänen den Betrieb auf der Strecke aufnehmen zu können.
Bei Puttgarden im Norden Fehmarns soll nach Angaben Juchems ein Arbeitshafen entstehen, über den ein Großteil des Materials angeliefert werden soll, das für den Bau des Tunnelportals benötigt wird. „Anfang des Jahres werden wir Versorgungsleitungen verlegen und Baustraßen einrichten. Im zweiten Schritt beginnt dann der Bau des Arbeitshafens“, sagte sie. Der werde dazu beitragen, das örtliche Straßennetz nicht mehr als nötig zu belasten.
Kritiker sorgen sich um Tourismus auf Fehmarn
Gegner des Bauvorhabens auf Fehmarn befürchten unter anderem, dass der Verkehr auf der Ostseeinsel wegen der vielen Baufahrzeuge zusammenbrechen könnte. Außerdem haben sie Sorge, dass langfristig die Touristen ausbleiben könnten, wenn möglicherweise ganz Fehmarn zur Baustelle wird.
In Dänemark, wo schon seit 2015 Baurecht für den Tunnel besteht, wird dagegen bereits gebaut. „Seit Mitte Juni läuft in Rødbyhavn der Bau der Molen für den Arbeitshafen, und auch die Aushubarbeiten für den Hafen und die Zufahrt haben bereits begonnen“, sagte Juchem.
Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) teilt die Befürchtungen der Gegner nicht. „Es steht und stand nie außer Frage, dass wir ein Maximum tun werden, um die Belastungen für die Insel während der Bauphase gering zu halten.“ Er sei zudem froh, dass sich die Diskussionen nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nun endlich vermehrt den Chancen der Beltquerung widmen, sagte der Minister. Wichtig sei, so früh wie möglich die Wirtschaft diesseits und jenseits des Belts miteinander zu vernetzen.
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Der etwa 18 Kilometer lange Straßen- und Eisenbahntunnel soll voraussichtlich von 2029 an die deutsche Ostseeinsel Fehmarn und die dänische Insel Lolland verbinden. Der Absenktunnel soll die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen nach Angaben von Femern A/S von bislang fünf Stunden auf künftig unter drei Stunden verkürzen. Absenktunnel bestehen aus vorgefertigten Betonteilen, die in einen Graben auf dem Meeresgrund abgesenkt werden.
Dänemark wird den Tunnel auf eigene Kosten von geschätzt 7,1 Milliarden Euro bauen und betreiben. Deutschland muss für die Kosten der Straßen- und Schienenanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aufkommen. Darin enthalten ist ein Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro.
Einige Gemeinden fordern besseren Lärmschutz
Zu der Hinterlandanbindung gehört auch ein neuer Tunnel zwischen Fehmarn und dem ostholsteinischen Festland. Dieser 1,7 Kilometer lange Absenktunnel mit vier Fahrstreifen für die Straße sowie zwei Gleisen für die Bahn soll die 1963 eröffnete Fehmarnsundbrücke entlasten. „Die Vorplanungs-Dokumentation, die 69 Aktenordner füllt, ist abgeschlossen“, sagte der Bahnsprecher. „Jetzt startet die Entwurfs- und Genehmigungsplanung.“
Auch gegen die Hinterlandanbindung sind Klagen zu erwarten. So fordern mehrere Gemeinden an der Bahnstrecke einen besseren Schutz vor Lärm und Erschütterungen. Dennoch ist der Bahnsprecher zuversichtlich und sagt: „Wir planen weiterhin gemeinsam mit den dänischen Freunden in Betrieb gehen zu können.“