Dortmund. Das Champions-League-Halbfinale findet ohne deutsche Beteiligung statt. Einen Tag nach Titelverteidiger FC Bayern ist auch für Borussia Dortmund als letztem Bundesligisten im Viertelfinale Schluss. Dabei war die “Weltsensation“ zwischenzeitlich greifbar.
Starker Start, bitteres Ende – Borussia Dortmund hat den vierten Einzug in das Halbfinale der europäischen Eliteklasse nach großem Kampf verpasst.
Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Manchester City verlor das Team von Trainer Edin Terzic erneut 1:2 (0:1). Wie schon im knappen Hinspiel (1:2) vor gut einer Woche gelang es dem BVB auch diesmal, den Titel-Mitfavoriten aus England ins Wanken zu bringen. Nach dem 1:0 durch Jude Bellingham (15.) schien die nächste Runde zum Greife nahe. Doch der verwandelte Handelfmeter von Riyad Mahrez (55.) und das Tor von Phil Foden (75.) im leeren Signal Iduna Park retteten die Gäste, die nun im Halbfinale auf Bayern-Bezwinger Paris Saint-Germain treffen.
BVB-Sünder Can klagt über Elfmeterpfiff
Aufreger auf Dortmunder Seite war letztlich der Elfmeterpfiff nach einem als Absicht ausgelegten Handspiel von Emre Can. „Das Spiel hat sich nach dem 1:1 geändert. Ich habe den Ball erst mit dem Kopf berührt, dann mit der Hand. Ich glaube, in den Regeln steht es so, dass es dann kein Elfmeter ist. Das ist bitter. Schon im Hinspiel wurde uns ein Tor weggenommen“, sagte Can. „Wir haben Interpretationen, die geisteskrank sind“, urteilte Sky-Experte Ewald Lienen drastisch.
Für den BVB könnte es ein Abschied von der lukrativen Champions League für mindestens ein Jahr gewesen sein. Bei sieben Punkten Rückstand auf den Bundesliga-Vierten erscheint eine erneute Qualifikation für den Wettbewerb derzeit unwahrscheinlich. Als letzte Titeloption in dieser Saison bleibt nur noch der DFB-Pokal, in dem die Dortmunder im Halbfinale Anfang Mai auf den Zweitligisten Holstein Kiel treffen.
Watzke hoffte noch auf die "Weltsensation"
Das von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke mit einer "Weltsensation" gleichgesetzte Weiterkommen lag für die Schwarz-Gelben aber lange Zeit in Reichweite. Denn der Bundesliga-Fünfte präsentierte wieder sein prächtiges Königsklassen-Gesicht. Couragiert und konsequent in den Zweikämpfen stellte sich der BVB dem scheinbar übermächtigen Gegner von der Insel entgegen. Auch die oftmals in dieser Saison nicht so sichere Defensive um Abwehrchef Mats Hummels verteidigte gegen die Passmaschine City konzentriert und leidenschaftlich. Entsprechend aufgeregt verfolgte City-Starcoach Pep Guardiola das Geschehen aus der Coaching-Zone.
Vor allem die Anfangs-Viertelstunde dürfte dem Spanier überhaupt nicht gefallen haben. Mit hohem Pressing bewies der BVB, dass der überlegene Spitzenreiter aus der Premier League durchaus verwundbar ist. War ein Distanzschuss von Mahmoud Dahoud noch zu unplatziert (7.), machte es sein Teamkollege Bellingham kurz darauf besser. Eingeleitet von Torjäger Erling Haaland, dessen Zukunft in Dortmund weiter für großen Diskussionsstoff sorgt, schlenzte Bellingham den Ball gekonnt ins Tor.
De Bruyne trifft nach BVB-Führung die Latte
Einen besseren Zeitpunkt für sein erstes Champions-League-Tor hätte sich der Engländer gegen seine Landsleute nicht aussuchen können. Zugleich stieg der Mittelfeldspieler im Alter von 17 Jahren, neun Monaten und 16 Tagen zum jüngsten Torschützen in der Königsklassen-Historie der Westfalen auf.
Nach seinem goldenen Schuss war Bellingham aber in der Defensive gefragt, denn der Rückstand sorgte für eine deutliche Tempoverschärfung der Citizens. Die Ballzirkulation wurde angeschmissen und der BVB phasenweise in der eigenen Hälfte eingeschnürt. Und es bedurfte schon einer gewissen Portion Glück, dass die Guardiola-Stars nicht schon in der ersten Hälfte den Rückstand wettmachten. So traf Ex-Bundesligaprofi Kevin De Bruyne nach einem Fehler von Mateu Morey die Latte (25.). Nur eine Minute später tauchte der Belgier wieder gefährlich auf, diesmal hatte Morey seinen Fuß dazwischen und Keeper Marwin Hitz verhinderte gedankenschnell ein Eigentor. Der Schweizer war es auch, der gegen Mahrez überragend parierte (32.).
Elfmeter: Videobeweis nützt dem BVB nichts
Nicht auszudenken, wie hoch der Lärmpegel in einer vollen Dortmunder Arena bei diesem packenden Spiel gewesen wäre. Denn der BVB, der in der Bundesliga die Champions-League-Ränge fast schon aus den Augen verloren hat, kämpfte aufopferungsvoll. Immer wieder feuerten sich Hummels, Emre Can und Co. an. Auch der junge Trainer Edin Terzic wäre als zwölfter Mann am liebsten zur Hilfe gekommen, musste es aber bei lauten Anfeuerungen belassen. "Eine Top-Leistung gegen einen Top-Gegner" hatte Terzic eingefordert – enttäuscht wurde er nicht.
Der Dauer-Druck von Man City ging aber auch in der zweiten Halbzeit unvermindert weiter. Das konnte nicht ewig gut gehen. Dass aber ein von Can verschuldeter Handelfmeter zum Ausgleich führte, war ärgerlich. Der Nationalspieler köpfte nach einer Flanke seinen ausgestreckten Arm selbst an. Im Gegensatz zum Hinspiel wurde diesmal aber nicht der Strafstoß gegen Can durch den Video-Schiedsrichter zurückgenommen. Mahrez verwandelte eiskalt.
Nun bedurfte es wieder einer Reaktion des BVB, der sich nun aber schwer tat, gegen die Engländer zu Strafraumaktionen zu kommen. Eine besaß Hummels bei einem Kopfball knapp über das Tor (68.). Doch nach einem Distanzschuss von Foden ins kurze Toreck, als Hitz nicht gut aussah, waren die Hoffnungen dahin. Der Youngster hatte schon im Hinspiel den 2:1-Siegtreffer erzielt.