Das Denkmal soll begrünt werden – ein ambitioniertes Projekt, das Chancen für die Erinnerungskultur der Stadt bietet.

Selten wurde in der Stadt so lebendig und kontrovers über den Wert von Denkmälern und ihren Schutz diskutiert wie dieser Tage. Beim Kampf um den City-Hof, das Deutschlandhaus, das Commerzbank-Ensemble am Neß oder auch den Bunker an der Feldstraße wird erbittert gerungen. Es ist ein Streit, der der Stadt guttut. Denn es geht dabei um zentrale Fragen des Zusammenlebens in der Metropole, es geht um Identität und Heimat.

Seit dem Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Stadt nicht mehr in so kurzer Zeit so radikal verändert wie heute; die Flächen werden knapper, die Nachfrage aber steigt rasant – da geraten inzwischen selbst Gebäude, die vor wenigen Jahren noch gemieden worden wären, in das Visier der Investoren.

Vorbehalte und Warnungen sollten ernst genommen werden

In Zeiten radikaler Veränderungen bedarf es Menschen, die auf die Bremse treten und Pläne hinterfragen. Nicht jede wohlklingende Ankündigung deckt sich mit der Wirklichkeit. Nicht jede Visualisierung hält am Ende, was die bunten Bilder zu Beginn versprechen. Nicht alles, was neu entsteht, ist es wert, dass Altes untergeht.

So gilt es, die Vorbehalte und Warnungen zu hören und ernst zu nehmen, bevor man zur Tat schreitet. Zu schnell kann es zu spät sein. Wer in alten Büchern blättert, sieht, was einst auch aus Mangel an Sensibilität für Denkmalschutz zerstört wurde – ob der Dovenhof, die alte Esplanade, das Europahaus oder der Hallerbau an der Brandstwiete. Gerade Gebäuden, die noch relativ jung sind, fehlt dabei eine Lobby. Räumte man in den Wirtschaftswunderjahren die Gründerzeit schmerzfrei ab, gilt heute genau diese Generation der Bauten wenig. Aber wie werden in 20 Jahren die Nachgeborenen diese Epoche wertschätzen?

Der Eingriff ist gravierend – könnte sich aber lohnen

Auch die Ausbaupläne für den Feldstraßen-Bunker haben manchen Denkmalschützer empört. Trotzdem darf die Nachricht, dass der Klotz nun begrünt wird, hoffnungsfroh stimmen. Denn in dem ambitionierten Projekt liegen gleich mehrere Chancen für St. Pauli: Auf dem Bunkerdach könnte ein Stadtgarten entstehen, der den grauen Kiez begrünen würde. Und über das Gemeinschaftsprojekt Hilldegarden ist gesichert, dass es wirklich ein Mitmachprojekt für Anwohner und Interessierte wird und die Animationen keine bunten Bilder bleiben.

Natürlich ist der Eingriff in die Bausubstanz gravierend. Aber der Umbau könnte den Bunker aufwerten und seine Wahrnehmung in der Stadt verbessern. Das Denkmal am Heiligengeistfeld und seine schwierige Geschichte – erbaut von Zwangsarbeitern, Zuflucht für Zehntausende in den Bombennächten – würden stärker in das Bewusstsein dringen.

Ein Bunker ist bereits zurück im kollektiven Gedächtnis

Das beweist etwa der Streit um die Gedenkstätte in den Stadthöfen. Einem Großteil der Bevölkerung ist erst durch die aufwendige Umgestaltung der Gebäude bewusst geworden, dass an der Stadthausbrücke einst die Gestapo ihre Gefangenen quälte. Da klingt die weit verbreitete Kritik am Investor und der Stadt, zu wenig zu erinnern, etwas wohlfeil. Vorher, als hier noch die Stadtentwicklungsbehörde residierte, wurde viel weniger an die dunkle Geschichte erinnert.

So dürfte es auch beim Bunker an der Feldstraße sein. Der Umbau des früheren Flakturms VI in Wilhelmsburg hat einen fast vergessenen Bunker zurück in das kollektive Gedächtnis gebracht – und mit ihm seine Geschichte. Als Denkmal funktioniert der Energiebunker seit seinem Umbau 2013 sogar besser als je zuvor. Nicht jede Umgestaltung also muss eine Niederlage für den Denkmalschutz sein.

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