Reich werden ist seit Anfang Juni leicht geworden – mit 9-Euro-Ticket und Tankrabatt: Man muss nur ordentlich Meile machen.
Seit Anfang Juni sind wir reich. Oder zumindest auf dem besten Weg dahin. Denn wir sparen, was das Zeug hält. Und dieses Handwerkszeug zum Reichtum hat uns dankenswerterweise die Ampel-Regierung in Berlin an die Hand gegeben. Gleich in zweifacher Ausfertigung: Tankrabatt und 9-Euro-Ticket.
Wir sind ein Volk, dem das Sparen liegt: Sparstrümpfe, Bausparverträge, Sparclubs in Kneipen, wir hatten sogar mal einen Bundesminister mit Namen Jens Spahn. Eine ganze Generation hat in der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit eine einfache Weisheit gelernt: Je mehr man von dem Sonderangebot kauft, desto mehr spart man. Einleuchtend.
Jeder mit Bus und Bahn zurückgelegte Kilometer ist bare Münze
Und dieses Prinzip gilt natürlich noch heute. Deswegen suchen wir nun nach längst verblichenen Bekanntschaften in der ganzen Republik, denen wir vielleicht mit dem Regionalexpress einen Besuch abstatten können. Ganz egal, ob wir die wirklich treffen wollen. Notfalls auch mal nach Sylt. Fahren, um zu sparen.
Die Kinder lassen das Fahrrad stehen und nehmen für die 1,3 Kilometer den Bus in die Schule. Spart zwar keine Zeit, aber Kohle. Arbeitnehmer fahren jetzt auch am Wochenende ins Büro – ganz einfach, weil sie’s können. Und weil jeder mit Bus und Bahn zurückgelegte Kilometer bare Münze ist. Danke, 9-Euro-Ticket.
Weniger Konsum? Wie sollen wir denn da sparen?
Wir setzen uns ins Auto, singen lauthals die textlich etwas angepasste Version eines Kraftwerk-Klassikers: „Spar’n, spar’n, spar’n auf der Autobahn“ – und freuen uns schon auf den nächsten Tankstopp, der unsere Geldbörsen noch praller werden lässt. Danke, Tankrabatt.
Wir können nur hoffen, dass die Ampel-Regierung nicht irgendwann auf die Idee kommt, uns angesichts der diversen Krisen zu etwas weniger Konsum drängen zu wollen – wie sollen wir denn da sparen?