Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat entscheidenden Anteil an der Einigung im Länderfinanzausgleich.
Es gibt im komplizierten Geflecht des föderalen Bundesstaates Deutschland einige dicke Bretter zu bohren, die für das Gedeihen des Gemeinwesens entscheidend sind. Die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern zählen fraglos dazu.
Fast drei Jahre haben die Verhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten der Länder, deren Interessen allein schon höchst unterschiedlich sind, und der Bundesregierung sowie zuletzt den Bundestagsfraktionen von Union und SPD gedauert. Herausgekommen ist ein Vertrags- und Gesetzeswerk, dessen Details etwas für finanzpolitische Feinschmecker sind. Die Botschaft aber lautet im Kern: Der Bund beteiligt sich an der Finanzierung von klassischen Länderaufgaben mit knapp zehn Milliarden Euro jährlich. Im Gegenzug erhält der Bund mehr Kompetenzen etwa beim Autobahnbau und der Digitalisierung.
Allein an der Sanierung von maroden Schulbauten, die Ländern und Kommunen unterstehen, beteiligt sich der Bund mit 3,5 Milliarden Euro. Lehrern, Eltern und Schülern wird es egal sein, woher das Geld kommt. Hamburg ist zwar längst dabei, den Milliardenstau bei den Schulbauinvestitionen abzubauen, aber in manch anderen Ländern ist die Lage deutlich schlechter.
Die entscheidende Voraussetzung für die jetzt erzielte Einigung wurde Ende 2015 geschaffen. Damals verständigten sich die Länder auf eine gemeinsame Position gegenüber dem Bund – und das ist auch ein Erfolg von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der in den Gesprächen eine entscheidende Rolle spielte. Die Einigung der 16 Ministerpräsidenten ist deswegen bedeutend, weil die finanzielle, wirtschaftliche und soziale Lage der Länder so unterschiedlich ist – einmal abgesehen von den unterschiedlichen politischen Farben ihrer Regierungen.
Was haben Bayern und Bremen gemeinsam? Nicht viel. Über den Länderfinanzausgleich hat unter anderem Bayern die Not leidenden Bremer seit Jahrzehnten unterstützt. Scholz konnte Bayern und Baden-Württemberg überzeugen, auf eine Klage gegen den ungeliebten Länderfinanzausgleich zu verzichten. Das war ein wichtiger Baustein. Hamburg eignet sich als ehrlicher Makler in diesem strukturell angelegten Länderkonflikt, weil der Stadtstaat die besonderen Herausforderungen der kleinen Länder kennt, namentlich die Bremens und Berlins. Auf der anderen Seite zählt Hamburg aufgrund seiner wirtschaftlichen Kraft zu den finanzstarken Ländern und war über die Jahre in der Regel Geberland, also Einzahler, im Finanzausgleich.
Scholz steht in der Tradition früherer Hamburger Bürgermeister wie etwa Ortwin Runde, der kurz nach der Jahrtausendwende in einer ähnlichen Situation einen Kompromiss in letzter Minute erzielen konnte, nachdem Bayern und Hessen schon gegen den Länderfinanzausgleich vor das Bundesverfassungsgericht gezogen waren.
Ja, auch Hamburg wird künftig mehr Geld vom Bund erhalten – Scholz sprach von „vielen Hundert Millionen Euro“. Aber noch wichtiger ist ein Detail der Finanzbeziehungen, das leicht übersehen wird. Früh und bezeichnenderweise in Abstimmung mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) konnte Scholz erreichen, dass die sogenannte Einwohnerwertung, die die Stadtstaaten wegen ihrer besonderen Herausforderungen finanziell besserstellt, nicht Gegenstand der Verhandlungen wurde. So wurde letztlich die Eigenständigkeit der Stadtstaaten gerettet und dauerhaft gesichert.