Reinbek. Mit Daumenabdrücken zeigen Schüler und Schülerinnen sowie alle Mitarbeiter der Schule, wie wichtig ein gutes Miteinander ist.
Kreidetafel, Tintenfinger, der Geruch von Lösungsmitteln an den durch Matrizendrucker vervielfältigten Aufgabenzetteln und scheinbar ausgehungerte Schulkinder am Mittagstisch zu Hause: So sah der Schulalltag in den 1970er-Jahren aus – damals tummelten sich an der Grundschule Klosterbergen knapp 900 Jungen und Mädchen in 27 Klassen. In Reinbek-West war 1967 rund um den Täbyplatz ein komplett neuer Stadtteil mit rund 2000 neuen Wohnungen für die Babyboomer entstanden. Heute ist dies Geschichte: Die Grundschule hätte dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen als eigenständige Bildungseinrichtung feiern können. Zuerst wurde sie als Zweigstelle der Volksschule Mühlenredder eröffnet.
Jubiläumsfeier zum 50. Geburtstag fällt aus
Doch auch diese große Feier mit ehemaligen Schülern und Lehrern muss wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Deshalb haben sich die Lehrerinnen Liane Lindner und Katrin Deutschbein gemeinsam mit Schulleiterin Katrin Rabe ein Gemeinschaftsprojekt ausgedacht, bei dem alle Schüler und Schülerinnen sowie alle Mitarbeitenden ihre Spuren hinterlassen haben: Ein großes farbenfrohes Wandbild sollte den Eingangsbereich schmücken. Daraus ist ein stolzer kräftiger Baum, dessen zarte grüne Blätter die Daumenabdrücke sämtlicher 246 Kinder aus elf Klassen, 17 Lehrer und etwa 30 weiteren Mitarbeitenden bilden, geworden – samt neuem Logo. „Ein Baum hat so eine schöne Symbolik“, stellt Katrin Deutschbein fest. Er steht für das Leben, für Wachstum und auch für Wurzeln. Darin finden wir uns alle als Gemeinschaft wieder.“ Das neue Logo, ein Strichmädchen und ein Strichmännchen, die einander die Hände reichen samt Schriftzug „Grundschule Klosterbergen“ hat Liane Lindner entworfen. Sie ist nicht nur Lehrerin, sondern auch Grafik-Designerin. Das Schullied hat sie dazu inspiriert: „Wir reichen uns die Hände, wir sind füreinander da ...“, heißt es dort.
Tausende von Kindern haben hier Schwimmen gelernt
Der „Hingucker“, wie Katrin Rabe ihn nennt, ziert nun eine Wand, die eigentlich schon immer nach einem bunten Bild schreit, weil ein Besucher direkt darauf zugeht, bevor er die Schule betritt. Spendiert hat das 2,5 mal 2,5 Meter große Wandbild aus Acryl auf Siebdruckplatten der Schulverein. Kosten: 871 Euro. Liebevoll angefertigt und geliefert wurde das Werk von der „Sprüherei“, deren Inhaber als Kinder ebenfalls die Grundschule Klosterbergen besucht haben.
Schwimmbad ist heute zur Mensa umgebaut
„Überhaupt gibt es hier eine große Reinbek-Treue“, stellt Katrin Rabe fest. Viele Eltern ihrer Schulkinder seien ehemalige Klosterbergen-Zöglinge und oft finden sie noch ihre alten Klassenräume wieder. Denn baulich habe sich die Schule kaum verändert. Der Nordostflügel wurde noch zu Beginn der 1970er-Jahre angebaut, um ausreichend Klassen für den Ansturm der Kinder vorhalten zu können. „Wir hatten sechs Parallelklassen mit je um die 30 Kinder“, erinnert sich Gerhild Arndt (82), die von 1971 bis 1999 an der Schule unterrichtete. „Das hat eigentlich immer sehr viel Spaß gemacht. Ich habe den Schulchor geleitet, mit dem wir auch beim Maibaumfest und bei Seniorenfesten auftraten. Außerdem gab es ein Orchester und eine Theater-AG. Denn mittags war ja Schulschluss.“ Sie bedauert, dass es das Lehrschwimmbecken nicht mehr gibt. „Das war damals einzigartig“, erzählt sie. Tausende von Kindern hätten dort schwimmen gelernt.
Doch 2010 musste das Schwimmbad wegen einer maroden Decke geschlossen werden. Schließlich wurde es bis September 2019 zu einer modernen Mensa mit 132 Plätzen umgebaut. Heute muss kein Schulkind hungrig nach Hause gehen, und wird nachmittags individuell in der „Insel“ betreut. Das von Eltern initiierte Betreuungsangebot wird mittlerweile von einem eigenen Verein getragen und hat eigene Räume im Gebäude.
Wider Erwarten wächst die Schülerzahl wieder
Gerhild Arndt erinnert sich noch an die ersten Abwendungen vom Frontalunterricht mit Gruppentischen und an den ersten Computerraum in der Schule. Heute gibt es sechs „Aktive Tafeln“ mit Internetanschlüssen für zusätzliche digitale Lernangebote im Haus, berichtet Katrin Rabe, drei Klassen können gleichzeitig mit Netbooks arbeiten. „Wir haben uns bewusst für Geräte mit einer Tastatur entschieden“, sagt sie. „Denn wir halten das Tippen noch für eine wichtigere kognitive Leistung als das bloße Wischen.“ Noch für dieses Jahr werden weitere sechs Aktive Tafeln erwartet. Denn im Gegensatz zu den Erwartungen zum 40. Geburtstag wächst die Schülerzahl dieses Jahr wieder: Ab dem nächsten Schuljahr wird es an der Grundschule Klosterbergen zwölf Klassen geben.
Doch auch wenn Katrin Rabe nicht weiß, welche Überraschungen die Zukunft des Unterrichts birgt: Im Mittelpunkt des Unterrichts stehe immer noch das Miteinanderlernen. „Partizipation ist im Unterricht fünfmal wichtiger als jedes digitale Endgerät“, weiß die Schulleiterin. Das könnte Gerhild Arndt sicher unterschreiben.