Curslack. Sie waren bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“. Und was machen diese Menschen heute? In unserer Serie berichten wir über Norbert Deiters.
Sie waren bekannt wie der sprichwörtliche „bunte Hund“. Was machen sie heute? In unserer Serie berichten wir über bekannte Menschen aus den Vier- und Marschlanden und ihr heutiges Leben. Heute: Norbert Deiters.
Als Norbert Deiters noch dem Bergedorfer Wirtschaftsverbands WSB vorsaß, war der Kaufmann häufig in Bergedorf zu sehen. Das hat sich 2007, als Deiters nach sieben Jahren den Vorsitz weitergab, geändert. Doch Langeweile kommt bei dem 71-Jährigen nicht auf, auch wenn er nach eigener Auskunft vieles lockerer angehe, einige Ehrenämter niedergelegt und auch seine beruflichen Tätigkeiten reduziert habe. „Mit über 70 muss ich nicht überall rumturnen“, sagt er. „Ich mache nur noch, was mir Spaß bringt.“ Und das ist nicht wenig.
2011 in der größten Krise
Der in Buxtehude geborene und in Curslack lebende Groß- und Außenhandelskaufmann und studierte Wirtschaftswissenschaftler betreibt mit Ulrich Florin (76) die Firma Deiters & Florin in Curslack. Sie schlitterte in ihre größte Krise, als 2011 die EHEC-Epidemie ausbrach. Ein Sprossenbetrieb in Bienenbüttel war in Verdacht geraten, aus Ägypten importierte Bockshornkleesamen mit den gefährlichen Bakterien in Form von Sprossen in Deutschland in Umlauf gebracht zu haben. Der Ruf der Branche war ruiniert. Auch Deiters & Florin, Deutschlands größter Sprossenproduzent, brachen die Umsätze weg. „Das war existenzbedrohend“, sagt Deiters. Sein Partner und er hätten grundlegend überdacht, wie sie die Firma neu aufstellen können.
„Eine Firma verkauft an die andere“
Das gesamte Geschäft gegenüber Dritten läuft seit 2012 über die Firma Foodservice Deiters & Florin. Die 1986 gegründete Deiters & Florin GbR ist hingegen zuständig für die landwirtschaftliche Erzeugung der Lebensmittel. „Eine Firma verkauft an die andere“, sagt der 71-Jährige. Das sei krisensicherer.
Um die Internetvermarktung von Bioware und Nahrungsergänzungsmitteln kümmert sich die Firma „gesundundköstlich“, deren Geschäftsführer Deiters ist. Der Anteil an Bio-Produkten sei in den vergangenen 20 Jahren stetig ausgebaut worden, liege heute bei rund einem Viertel.
Mit der Übergabe der Geschäfte werde es keine Probleme geben, sagt der umtriebige Senior. Seine Töchter Anja (49) und Wencke (50) sind ebenso wie Melanie Florin, Tochter seines Geschäftspartners, die Gesellschafter der Hauptfirma (Foodservice). „Das haben wir schon zur Unternehmensgründung festgelegt“, sagt Deiters, der auch zwei Enkelkinder (23, 5) hat.
Erste Sporen verdient
Seine ersten Sporen verdiente sich Deiters als junger Mann als Personalchef einer großen Firma: Seine Art der Unternehmensplanung kam gut an, Deiters machte sich als Krisenmanager selbstständig.
Der Senior ist auch Miteigentümer der Firma Vierländer Windkraft, die zwei Windräder in Neuengamme betreibt. „Wir gehören zu den Windkraftpionieren“, sagt der 71-Jährige, der sich schon lange mit alternativer Energiegewinnung befasse – nicht nur aus kaufmännischem Interesse: „Ich bin ein Windkraftverfechter.“
Auch im Firmenverbund werde beim Umweltschutz über das geforderte Mindestmaß hinausgegangen. „Eine Grundfrage unseres Handelns ist die, was wir mit unserem Umfeld veranstalten.“ Rund zehn Prozent des Stroms für die Sprossenproduktion werde mit eigenen Blockheizkraftwerken produziert. Auch die Abwärme der Kraftwerke werde genutzt, ebenso das Wasser, das beim Sterilisieren oder Pasteurisieren der Ware eingesetzt werde – „als Gießwasser für unser Gemüse“.
Deiters ist seit 15 Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der „81fünf high-tech & holzbau AG“ in Lüneburg, dem Marktführer in Deutschland für Konzepte für energiesparende Holzhausbauweisen. Deiters, der mit seiner Frau Erika (70) in Curslack selbst in einem energiesparenden Holzhaus wohnt, habe die AG grundlegend saniert und den Vorstand ausgetauscht. 80 Zimmereien würden bundesweit nach den Konzepten arbeiten.
Spaß habe der Kaufmann auch an seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Honorarkonsul für Island in Hamburg und Schleswig-Holstein. Er ist Ansprechpartner für hier lebende Isländer, kümmert sich um deren Ausweispapiere, hat auch repräsentative Aufgaben. In seinem anderen großen Ehrenamt, dem Vorsitz der WSB, initiierte er zu Beginn des Jahrtausends mit dem Business Improvement District (BID, Grundeigentümer-Zusammenschluss) Sachsentor den ersten BID in Deutschland. „Wir waren schneller als der neue Wall“, sagt Deiters. Auch die Fusion mit den City- Partnern Bergedorf fiel in seine Zeit. Deiters ist auch Bezirksbeauftragter der Hamburger Handelskammer für Bergedorf und war bis Ende 2018 im Vorstand der European Sprouds and Seeds Association. Oft sei er nach Brüssel gereist, um – in der Folge von EHEC – Mindeststandards für alle europäischen Sprossenhersteller zu erarbeiten.
In Seenot in der Ostsee
Den Privatmann Norbert Deiters gebe es auch, versichert der Kaufmann. Er reise gern mit seiner Frau nach Island oder Dänemark. Außerdem liebe er Wassersport. „Ich bin seit meinem 15. Lebensjahr auf dem Wasser, habe früher als Schiffsjunge gejobbt.“ Deiters chartere gern ein Segelboot, um über die Ostsee zu fahren. Zwischen Kiel und dem dänischen Marstal war er mit seiner Frau mit dem eigenen, „älteren aber hochseetauglichen“ Motorboot (10,5 Meter) unterwegs, als Seegras ins Kühlsystem geriet und in der Folge Wasser ins Boot lief. „Wir befanden uns mitten in der Fahrrinne, wo die Ostsee am tiefsten ist.“ Das Boot sank. „Der Seenotrettungskreuzer aus Kiel brauchte eineinhalb Stunden.“ Ein Segelboot, das in der Nähe war, hatte den SOS-Ruf empfangen und das Ehepaar zuvor an Bord geholt.