Westerland. Jana Kubikova beobachtet auf Sylt die Badegäste und warnt die Urlauber vor tückischen Unterströmungen.

Graugrün schimmert das Meer vor Kampen an diesem Julimorgen, der kräftige Nordwestwind treibt hohe Wellen an den noch leeren Strand. Jana Kubikova steht im kleinen Holzhäuschen auf dem Rettungsschwimmer-Turm und überbrüht Kaffeepulver mit heißem Wasser. „Wenn es so bewölkt und kühl ist wie heute, bleibt es eher leer am Strand“, sagt die Sylter Rettungsschwimmerin und blickt durch die großen Scheiben auf die Nordsee.

Bewacht wird der FKK-Strand am Strandabschnitt Kampen-Mitte, südlich des legendären Strandlokals „Buhne 16“ trotzdem. Von Mai bis September bewahrt die 31-Jährige hier gemeinsam mit ihrem Kollegen Jan Grimm Badende vor den Gefahren der auch im Sommer oft rauen Nordsee.

Jana Kubikova steckt mit Flaggen das Badefeld ab

„Heute flaggen wir grün, das heißt, dass die Menschen unter Aufsicht auch außerhalb des abgesteckten Feldes baden dürfen“, sagt Kubikova. In ihrer roten Rettungsschwimmerjacke, Shorts und mit Sonnenbrille schleppt sie zwei Flaggen an den Spülsaum und steckt damit das sogenannte Badefeld ab. Dessen Größe hänge von der Witterung ab und könne zwischen 50 und 200 Meter groß sein.

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„Bei gelber Flagge, also wenn die Menschen nur innerhalb des Badefeldes baden dürfen, machen wir das Feld kleiner als bei grüner“, sagt die gebürtige Tschechin. Hisst sie die rote Flagge, ist das Baden komplett verboten.

Rettungsschwimmerin wurde Kubikova vor sechs Jahren

Rettungsschwimmerin wurde Kubikova vor rund sechs Jahren, als sie ihren Job in der Sylter Gastronomie leid war. Das Wasser ist ihr vertraut: Als Jugendliche war die junge Frau in ihrer Heimat Tschechien mehrere Jahre im Schwimmverein auf Wettkampfniveau geschwommen.

„Die Herausforderungen auf Sylt sind besonders hoch – die Begebenheiten auf der Nordsee können sich hier schnell ändern“, sagt Lars Lunk, Vorsitzender der DLRG Sylt. Im Vergleich zu anderen deutschen Küstenorten seien daher fast alle 80 Rettungsschwimmer auf der größten deutschen Nordseeinsel fest angestellt. „Wir brauchen hier erfahrene Leute, die sich mit den Strömungen rund um die Insel auskennen“, sagt der Sylter. 

Unterströmungen ziehen Badende ins offene Meer

„Ich habe Glück, hier ist bisher noch nie etwas Schlimmes passiert“, sagt Jana Kubikova und klopft mit der Faust auf das hölzerne Geländer des Rettungsturms. Um Menschen in Not aus dem Wasser zu ziehen, haben sie und ihr Kollege ein spezielles Rettungsseil am Strand, ein sogenanntes Rescue-Tube – ein Auftriebskörper aus Schaumstoff, an dessen Ende ein Seil befestigt ist – sowie ein Boot. 

„Besonders gefährlich sind Unterströmungen, die Trecker, die Menschen aufs offene Meer ziehen können“, sagt die Rettungsschwimmerin Kubikova. Unerfahrene schwämmen dann vergeblich gegen die Strömung an, um wieder an Land zu kommen. Dann bestehe die Gefahr, dass sie vor Erschöpfung in der Nordsee ertrinken.

Wachsamer Blick durch das Fernglas

Ein wachsamer Blick durch das Fernglas ist für die Retter daher unerlässlich: An warmen Sommertagen tummeln sich bis zu 70 Menschen gleichzeitig im Meer vor dem Turm, sagt die Schwimmerin. Von 10.30 Uhr bis 17.00 Uhr sei es dann ihre Aufgabe zu erkennen, wenn jemand Hilfe braucht.

„Dazu gehört Übung: Der Gesichtsausdruck der Menschen verrät, ob jemand im Wasser Angst hat oder ob er sich sicher fühlt“, sagt Grimm, der mit seinen 25 Jahren Dienstzeit ein erfahrener Rettungsschwimmer ist. Ziel sei es demnach, präventiv zu arbeiten und Einsätze zu vermeiden, sagt der 56-Jährige.

Die meisten Einsätze haben die Retter an Land

Bei starker Strömung und Wellengang stehen die Schwimmer daher auch am Flutsaum der dann tosenden Nordsee und rufen Badende mit einer Signal-tröte zurück ins Badefeld. Die meisten Einsätze haben sie aber nicht im Wasser, sondern an Land – zum Beispiel um Menschen mit Kreislaufproblemen zu helfen oder mit Pflaster, Verband und Salbe zu versorgen, wenn sie sich an scharfkantigen Muscheln geschnitten oder an Quallen verbrannt haben, sagt Kubikova.

Ertrunken

  • Beim Schwimmen in der Nordsee südwestlich von Husum ist eine Frau ertrunken. „Wir gehen von einem Badeunglück aus“, sagte Pressesprecher Christian Kartheus (Polizeidirektion Flensburg). Ein Schwimmer hatte am Sonntagnachmittag nahe der Badestelle Lundenbergsand in Simonsberg den leblosen Körper an Land gezogen.
  •  Hinweise auf Fremdverschulden gebe es nicht. Die Frau sei noch nicht identifiziert. Es gebe auch noch keine Vermisstenmeldung. Die unbekannte Frau ist laut Polizei klein und zierlich. Sie sei wahrscheinlich zwischen 30 und 50 Jahren alt gewesen.

Wenn wie an diesem bewölkten Tag keine oder nur wenige Badende an den Strand kommen, gibt es für die beiden trotzdem etwas zu tun: Dann harken sie vom Meer angespülte Algen zusammen, drehen Strandkörbe zur vom Meer abgewandten Seite, schaufeln Treppen und Holzstege von Sand frei, sammeln Müll, putzen das Boot, räumen ihren Turm auf „oder genießen einfach die Ruhe­“. 

Einer guckt immer aufs Wasser

„Aber einer von uns guckt immer aufs Wasser“, sagt Jana Kubikova.  Gesellschaft leistet ihnen dabei oft Frau Huber, eine Möwe, die seit rund 25 Jahren Stammgast auf dem Rettungsschwimmer-Turm ist. Als eintönig empfindet die Schwimmerin ihren Job, dessen größter Teil aus Beobachtung besteht, nicht. „Für manche ist das bestimmt todlangweilig, aber für mich nicht und genau richtig.“