Bremen. Schon die Sanierung des Segelschulschiffs war von Pannen überschattet. Jetzt kam eine weiter hinzu. Wer die Verantwortung dafür trägt.
Zunächst begann alles planmäßig. Am Mittwochvormittag um 9.30 Uhr ist das Marineschulschiff „Gorch Fock“ nach fast sechs Jahren Sanierung erstmals wieder aus eigener Kraft auf Fahrt gegangen. Der Großsegler der Bundeswehr legte am Mittwoch bei der Bremer Lürssen-Werft ab. Mehr als 100 Schaulustige beobachteten auf beiden Ufern das Spektakel, das allerdings schon kurz darauf nicht mehr planmäßig verlief.
Gorch Fock: Panne kurz nach Abfahrt
Denn kurz nach der Abfahrt entdeckte die Crew einen Defekt in einem Ventil für die Frischwasserversorgung im Dieselmotor. Der Sprecher der Lürssen-Werft, Oliver Grün, bestätigte die durch den NDR aufgedeckte Panne auf Abendblatt-Nachfrage. Die Gorch Fock stellte daraufhin den Motor aus und wurde durch zwei permanent begleitende Schlepper gezogen.
Wie groß das Außmaß des Schaden ist, ist jedoch noch unklar und soll nun geprüft werden. Bis zur offiziellen Rückgabe des Schiffs nach der Generalüberholung trage aber die Werft die Verantwortung, sagte ein Marinesprecher am Donnerstag in Rostock. Man gehe davon aus, dass es bei dem vereinbarten Rückgabetermin am 30. September bleibe.
Gorch Fock kommt einen Tag früher in Wilhelmshaven an
Eine Panne bei der Probefahrt könne durchaus passieren, sagte der Marinesprecher. Auch die Lürssen-Werft teilte mit, Werftprobefahrten dienten dazu, „die Technik und das notwendige Zusammenspiel einzelner Bordkomponenten unter realen Bedingungen zu testen“. Auftretende Fehler würden lokalisiert und im Nachgang behoben.
Weil auf See ein Austausch des Ventils nicht möglich gewesen sei, wurde der Großsegler in Schlepp genommen und fast einen Tag früher als geplant nach Wilhelmshaven gebracht.
Gorch Fock: Panne ändert nichts am Plan
Dort war die „Gorch Fock“ eigentlich erst am Donnerstag nach einer dann zweitägigen Probefahrt erwartet worden. Am dortigen Marinearsenal soll die Endausrüstung des Dreimasters erfolgen, bevor die Truppe ihn am 30. September offiziell wieder zurückerhält. In seinen Heimathafen Kiel soll das Schiff am 4. Oktober zurückkehren. Nun muss erst einmal das defekte Bauteil ausgetauscht werden.
Die Reparatur des Motorschadens wird nach Angaben der Lürssen-Werft einige Tage dauern. Die Arbeit könne aber parallel zu der Endausrüstung des Großseglers am Marinearsenal in Wilhelmshaven erledigt werden, sagte ein Werftsprecher am Donnerstag in Bremen.
„Wir sind unglaublich stolz darauf, dieses besondere Schiff nun auf die Zielgerade gebracht zu haben und in wenigen Wochen unserem Kunden zu übergeben“, sagte Lürssen-Geschäftsführer Tim Wagner vor der Probefahrt. „Wir freuen uns auf die erste Seefahrt im Rahmen der Werftprobefahrt und die ersten richtigen Eindrücke auf dem 'neuen' Schiff“, sagte Kapitän Nils Brandt – ebenfalls vor der Panne.
Gorch Fock: Kosten für Sanierung explodiert
In der teuren und verwickelten Geschichte der Sanierung seit Dezember 2015 ist die Lürssen-Werft der zweite Hauptauftragnehmer. Sie arbeitet seit Oktober 2019 an dem Schiff, auf dem die Marine ihren Offiziersnachwuchs ausbildet. Der erste Auftragnehmer, die Elsflether Werft, hatte Insolvenz anmelden müssen. Unter ihrer Regie war es zu den enormen Kostensprüngen gekommen, von geplant 10 Millionen auf 135 Millionen Euro.
Der Bundesrechnungshof warf der Marine eine schlechte Vorbereitung der Sanierung vor. Zeitweise brachte der Problemfall „Gorch Fock“ auch die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Bedrängnis.
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Die Führung der Elsflether Werft ging außerdem undurchsichtigen Nebengeschäften nach. Geld der Marine verschwand. Damit beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft Osnabrück. Ein Ende der Ermittlungen sei noch nicht abzusehen, sagte ein Sprecher.
Gorch Fock: 100 Kilometer Kabel verlegt
Auch bei Lürssen stand die Instandsetzung „unter schwierigen Vorzeichen“, wie Geschäftsführer Wagner sagte. Bauunterlagen waren unvollständig, an den Schiffbauarbeiten bis dahin musste viel abgeändert werden. „Heute blicken wir auf ein Schiff mit neuen Masten und Rahen, einem komplett neuen Rohrsystem, neuer Isolierung und neuem Innen- und Außenanstrich“, sagte Projektleiter Sascha Eilers.
100 Kilometer Kabel wurden gezogen, Antriebsanlage und Generatoren wurden instandgesetzt, die Inneneinrichtung ist größtenteils neu.