Hamburg. Armin Laschet hat die Bundestagswahl verloren – er kann nicht Kanzler werden. Bisher ignoriert er diesen Umstand gekonnt.

Es gibt sehr viele Fragen, die die CDU/CSU in den kommenden Tagen wird beantworten müssen. Aber die dringlichste lautet: Wer sagt Armin Laschet, dass es vorbei ist? Der erfolgloseste Kanzlerkandidat in der Geschichte der Partei hatte in den Stunden nach dem Ende der Bundestagswahl in seinem Trotz etwas vom Gerhard Schröder aus dem Jahr 2005. Der wollte auch nicht wahrhaben, dass er verloren hatte, und lag damals mit seiner SPD sogar nur einen Prozentpunkt hinter Angela Merkel und der Union – wir alle wissen, wie es ausgegangen ist.

Während Schröder sich bei der „Elefantenrunde“ vor 16 Jahren in Rage redete, tat und tut Armin Laschet 2021 so, als hätte es die Bundestagswahl gar nicht gegeben. Die Chuzpe, nach einem Ergebnis wie dem seinen von einer „Zukunftskoalition“ zu sprechen, die er zusammenbringen wolle, muss man erst einmal haben. Das hat so wenig mit der neuen Realität nach der Wahl zu tun wie Laschets aus einer Vorstandssitzung überlieferte Formulierung, Olaf Scholz sei „nicht der König“ von Deutschland. Derjenige, der quasi eine Erbfolge im Kanzleramt durchsetzen möchte, obwohl er vom Wahlvolk nicht das Mandat für eine Legislatur als Regierungschef erhalten hat, ist der CDU-Vorsitzende selbst.

Keine guten Aussichten für Armin Laschet

Menschlich kann man seine Reaktionen verstehen, so wie man vor vier Jahren verstehen konnte, dass der damalige SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz versuchte, in die neue, große Koalition zu kommen. Armin Laschet bleibt nichts anderes übrig als die Hoffnung, irgendwie noch Kanzler zu werden. Gelingt ihm das nicht, ist seine politische Karriere beendet, er würde weder Vorsitzender der CDU bleiben können noch Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen.

Das sind keine schöne Aussichten, und entsprechend groß dürfte Laschets Bereitschaft sein, alles zu tun, damit Grüne und FDP sich vielleicht doch für eine Jamaika-Koalition entscheiden und damit aus dem großen Verlierer der Bundestagswahl den Kanzler machen. Das wäre in etwa so, als würde der Trainer eines Fußballclubs, der gerade das Champions-League-Finale knapp verloren hat, sich trotzdem den Pokal schnappen und damit weglaufen.

Niederlage muss irgendwann akzeptiert werden

Das tut man nicht, und das weiß man auch in der CDU/CSU. Die dürfte in Wahrheit auch gar kein Interesse haben, dass ausgerechnet der Mann, der im Wahlkampf nahezu alles falsch gemacht hat – bis hin zur Abgabe des Wahlzettels – am Ende noch belohnt und damit die Aufarbeitung des katastrophalen Abschneidens verhindert wird. Ein Weiter-so mit einem Kanzler Laschet unter Koalitionspartnern, die bis auf das Kanzleramt für sich alles fordern könnten, würde die Union in eine noch größere Krise als die stürzen, in der sie sich gerade befindet. Schwer vorstellbar, dass die Spahns, Günthers, Merzens und Söders es so weit kommen lassen.

Am Ende ist es in der Politik tatsächlich wie im Sport. Man kann sich nach einer Niederlage ärgern, auch mal unangemessen, aber früher oder später muss man akzeptieren, dass man verloren hat. Wie das geht, wie man das macht und sich dabei Respekt verdient, hat übrigens ein anderer CDU-Chef gezeigt.

Ploß akzeptiert Niederlage in Hamburg vorbildlich

Christoph Ploß, Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes, hat seinen Wahlkreis Nord bei dieser Wahl an Dorothee Martin verloren, ist bei der Direktwahl insgesamt sogar nur Dritter geworden. Das ärgert ihn wahrscheinlich genauso wie Laschet seine Ergebnisse, und trotzdem schrieb Ploß an Martin: „Ich gratuliere zum gewonnenen Direkt-Mandat in Hamburg-Nord. Von Herzen alles Gute.“

So geht das. Man muss auch verlieren können, gerade in einer Demokratie, einem System, das im Kern eben nicht auf eine Dauer-Regierung, sondern auf den Wechsel angelegt ist. Und anders gar nicht funktionieren würde.