Bad Oldesloe. Bewerber für Landtagswahl diskutieren bei Debatte des Abendblattes in Bad Oldesloe über Energie, Kita-Reform und bezahlbaren Wohnraum.

Bei der Notwendigkeit, die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben und die Arbeit der Erzieher und anderer sozialer Berufe durch ein besseres Gehalt und mehr gesellschaftliche Anerkennung aufzuwerten, waren sich die Kandidaten für den Norden Stormarns weitgehend einig. Bei den übrigen Themen, von der Energiewende über die Kita-Reform bis hin zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums gingen die Ansichten der Teilnehmer bei der Debatte des Hamburger Abendblattes am Donnerstagabend im Kultur- und Bildungszentrum in Bad Oldesloe hingegen teilweise weit auseinander.

Landtagskandidaten für Nordstormarn diskutieren auf Einladung des Abendblattes

Wie schon bei den Veranstaltungen in Ahrensburg und Reinbek zeichnete sich auch bei den Bewerbern um das Direktmandat für den Kieler Landtag im Wahlkreis Stormarn-Nord eine klare Trennlinie zwischen Regierungsvertretern und Opposition ab.

Der Vertreter der CDU, der Bargteheider Anwalt und derzeitige Justizminister Claus Christian Claussen, die Vize-Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, die Industriemeisterin Anita Klahn aus Bad Oldesloe, und der Theatermitarbeiter Nils Bollenbach von den Grünen aus Bargteheide stellten die Erfolge der Jamaika-Koalition heraus. Die Bewerber der SPD, Versicherungskaufmann Mehmet Dalkilinc aus Bargteheide, der Linken, Hendrik Holtz, als Stadtführer in Bad Oldesloe tätig, und der AfD, Karl-Heinz Lenz, Autor aus Travenbrück, nutzten die Gelegenheit zum Angriff auf die Politik der Landesregierung.

Das sagen die Kandidaten zur Energiewende

Die Windenergie muss weiter ausgebaut werden, darin sind sich fast alle Kandidaten einig. Unterschiedlich bewerten sie die Anstrengungen, die die Landesregierung dazu in den vergangenen fünf Jahren unternommen hat. „Der grüne Umweltminister ist seinem Job nicht gerecht geworden“, kritisiert Dalkilinc. 2017, bei Amtsantritt der Jamaika-Koalition, habe es in Schleswig-Holstein 2981 Windräder gegeben, seitdem sei keines neu dazugekommen.

Klahn kontert, die Leistung der existierenden Anlagen sei deutlich höher als vor fünf Jahren. „Die Regierung kann Genehmigungen erteilen, bauen muss ein Investor“, ergänzt Claussen und verweist darauf, dass die Landesregierung seit 2017 560 Genehmigungen für den Bau neuer Windräder erteilt habe. Auch habe Jamaika eine Pflicht für Solaranlagen auf Gewerbeneubauten eingeführt. Lenz ist als einziger gegen den Ausbau von Windkraft. Er warnt vor den Folgen für das Landschaftsbild und möchte stattdessen die Atomkraftwerke länger am Netz lassen.

Das sagen die Kandidaten zur Kita-Reform und zum Mangel an Erziehern

Hier kann Klahn, die die Reform als Familienpolitikerin ihrer Fraktion maßgeblich mitgestaltet hat, punkten. Durch die Beitragsdeckelung seien Eltern erheblich entlastet worden, der Betreuungsschlüssel von zwei Erziehern pro 20 Kinder habe die Qualität in den Einrichtungen verbessert.

Dalkilinc und Holtz gehen die Entlastungen nicht weit genug. Beide fordern eine vollständige Beitragsfreiheit, zumindest in der Kernzeit von fünf Stunden. Dalkilinc kritisiert zudem die finanzielle Mehrbelastung der Kommunen durch die niedrigeren Elternbeiträge. „Die Reform muss durch Steuergeld gestützt werden“, bemängelt er. Einig sind sich alle sechs Kandidaten, dass mehr junge Menschen für den Beruf als Erzieher gewonnen werden müssen, um den Personalbedarf zu decken. Neben mehr gesellschaftlicher Anerkennung müsse sich das auch in der Bezahlung widerspiegeln.

Klahn und Claussen verweisen aber darauf, dass das Prinzip der Tarifautonomie bestehe. Holtz dagegen möchte die Kitas notfalls in staatliche Trägerschaft überführen. Lenz erntet von den anderen Teilnehmern Spott für den Vorschlag, höhere Gehälter über ein Sondervermögen zu finanzieren, ähnlich dem, mit dem Bundeskanzler Scholz die Modernisierung der Bundeswehr stemmen will. Auf Nachfrage, wie hoch ein angemessenes Erziehergehalt denn sein müsse, möchte außer Holtz keiner der Kandidaten eine Zahl nennen. Der Linken-Kandidat hält 3500 Euro im Monat für eine akzeptable Summe.

Das sagen die Kandidaten zur digitalen Ausstattung der Schulen

Alle Bewerber sehen bei der digitalen Ausstattung der Schulen Nachholbedarf. „Die Regierungen haben über Jahrzehnte gnadenlos versagt, selbst die baltischen Staaten haben uns überholt“, kritisiert AfD-Kandidat Lenz. Dalkilinc bemängelt, Schleswig-Holstein sei bei den Investitionen in digitale Bildung gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen Schlusslicht.

Die SPD wolle allen Schülern ab Klasse 8 ein digitales Endgerät zur Verfügung stellen und eine landeseigene Gesellschaft für deren Wartung und Austausch gründen. „Bildung darf nicht davon abhängig sein, ob Eltern sich ein Tablet leisten können“, sagt der SPD-Kandidat. Auch Bollenbach konstatiert: „Da geht noch mehr.“ Ausschlaggebend sei aber nicht nur die Ausstattung mit Technik, sondern auch die Medienkompetenz der Lehrer. „Viele haben vorher noch nie mit einem Laptop gearbeitet“, sagt der Bargteheider, der 2020, während des Corona-Lockdowns Abitur geschrieben hat.

Das sagen die Kandidaten zu steigenden Mieten und bezahlbarem Wohnraum

Bis auf Lenz wollen alle Kandidaten sich für mehr bezahlbaren Wohnraum stark machen. Dalkilinc möchte zunächst die Mietpreisbremse in Schleswig-Holstein wieder einführen, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Gleichzeitig müssten Kommunen, Land und Wohnungswirtschaft gemeinsam dafür sorgen, dass der Wohnungsbau beschleunigt wird. Holtz sieht das ähnlich, möchte aber zusätzlich den kommunalen Wohnungsbau wiederbeleben.

Klahn und Claussen sprechen sich hingegen dafür aus, Bürokratie im Planungsrecht abzubauen, um die Entstehung neuen Wohnraums zu beschleunigen. „Bauen ist durch zahlreiche Vorschriften teuer gemacht worden“, sagt die FDP-Politikerin. Claussen will die Vorgaben der Landesplanung für Kommunen erleichtern, damit diese einfacher neue Baugebiete ausweisen können.

Bollenbach hingegen warnt: „Mit Blick auf den Klimawandel kann die Lösung nicht bauen, bauen, bauen heißen, sondern sanieren, sanieren, sanieren.“ Neubauten trügen erheblich zum Treibhausgasausstoß bei. Es müsse darum gehen, vorhandenen Wohnraum effizienter zu nutzen, Einfamilienhäuser etwa in mehrere Wohnungen aufzuteilen.