Husum. Die meisten Häuser sind schon ausgebucht, doch selbst in den Hamburger Pfingstferien ist noch einiges zu haben.

„Hier kommen die Anrufe rein wie warme Semmeln“, heißt es an der Rezeption eines großen Sylter Hotels. „So viel ist nicht mehr frei“, heißt es beim Tourismusservice einer nordfrie­sischen Insel. Der Kreis Nordfriesland steht vor der seltsamsten Urlaubssaison in der Geschichte des Tourismus. Am kommenden Sonnabend öffnet sich die Region für vier Wochen, um Gäste zu beherbergen. Gäste, die sich nun um die freien Betten reißen. Besonders für die Zeit der Hamburger Pfingstferien.

„Modellprojekt“ nennt sich das, was der Kreis Nordfriesland gerade organisiert. 2735 Betriebe machen mit – so jedenfalls der Stand von Dienstag. Eine genaue Liste ist im Internet unter der Adresse https://www.nordfriesland.de/modellregion einzusehen. Hotels, Ferienwohnungen und Restaurants müssen die Teilnahme an dem Projekt beim Kreis anmelden.

Interesse nach Urlaub an der Nordsee hoch

Eine Antragsfrist gibt es nicht, selbst nach dem Start am kommenden Sonnabend können noch weitere Betriebe hinzustoßen. „Das ist für den Gast schwierig“, räumt Jutta Vielberg von der Sylt Marketing GmbH ein. Dennoch: „Das Interesse der Gäste ist da – und es ist hoch.“

Wer auf Sylt buchen will, hat allerdings Vorteile, wenn er bereits einen persönlichen Kontakt zu einem Vermieter hat. Denn auf der Onlineplattform der Sylt Marketing werden zwar für den Pfingstferien-Zeitraum vom Sonnabend, 8. Mai, bis Sonnabend 15. Mai, noch viele freie Häuser und Wohnungen ausgewiesen – aber ob die Vermieter auch beim Modellprojekt mitmachen, bleibt unklar. „Es kann sein, dass da auch Betriebe ausgespielt werden, die nicht dabei sind“, sagt Jutta Vielberg.

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Von den großen Hotels haben schon einige abgesagt

Von den großen Hotels haben schon einige dankend abgesagt – etwa das A-Rosa in List. In einer Stellungnahme heißt es: „Eine Öffnung ist nur dann auch wirtschaftlich sinnvoll, wenn ein Öffnungszeitraum von zwei bis drei Monaten absehbar und gewährleistet ist. Eine Öffnung für vier Wochen ist zu kurz. Das ist aus unserer Sicht aufgrund der epidemiologischen Lage und des derzeitigen Impftempos nicht ausreichend absehbar und unseres Erachtens auch den Gästen aber auch Mitarbeitern gegenüber nicht zu verantworten.“

Andere fangen mit reduzierter Bettenzahl an. Auf der Internetseite des Wenningstedter Hotels Sylter Domizil heißt es: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir für den Mai vorerst keine neuen Buchungen annehmen! Im Sinne unserer Gäste und Mitarbeiter haben wir uns dazu entschlossen, unser Hotel möglichst nicht voll auszulasten.“

Nicht jeder will sich alle 48 Stunden testen lassen

Folglich werden nicht alle 60.000 Gästebetten auf Sylt auch buchbar sein. Wie viele Betten derzeit frisch bezogen werden, kann auch Moritz Luft nicht sagen, der Chef der Sylt Marketing GmbH. Er spricht von einem „heterogenen Bild“ – nicht nur bei den Anbietern, sondern auch auf der Seite der Touristen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

„Einige Gäste, die schon vor längerer Zeit gebucht haben, sagen jetzt ab, weil sie unter den Bedingungen des Modellprojekts nicht Urlaub machen wollen.“ Nicht jeder will sich alle 48 Stunden testen lassen. Nicht jeder will sich dem Risiko aussetzen, nach Hause geschickt zu werden, falls man sich infiziert.

Freie Unterkünfte in St. Peter-Ording

Und deshalb gibt es auch jetzt, wenige Tage vor dem Start des Modellprojekts, tatsächlich noch Unterkünfte, die frei sind und gebucht werden können. Etwa in St. Peter-Ording. Und ja, da ist es einfacher als auf Sylt. Eine freundliche Mitarbeiterin des Buchungsportals „Appartement in St. Peter-Ording“ erklärt: „Die Vermieter, die beim Modellprojekt nicht mitmachen, haben wir geblockt.“

Mit anderen Worten: Jede angezeigte Wohnung ist dort auch eine buchbare Wohnung. Frei ist (Stand Dienstag, 14 Uhr) etwa das Haus Sommerbrise am Heideweg, geeignet für sechs Personen. Für die Zeit vom 8. bis 15. Mai werden 130 Euro pro Tag fällig.

Stornierungen wegen Modellprojekt-Auflagen

Auch auf Amrum gibt es noch ein paar Möglichkeiten. Tourismuschef Frank Timpe geht davon aus, dass etwa 50 Prozent der Vermieter und der größte Teil der Gastronomen beim Modellprojekt mitmachen. Frei war am Dienstag beispielsweise noch eine Wohnung im Friesenhof Kapitän Cornelius Bendixen in Nebel. Die Pfingstferienwoche kostet 840 Euro, vier Personen finden dort Platz. Das freie Ferienhaus San­ruus in Norddorf, geeignet für vier Personen, kostet in jener Woche 1680 Euro.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Auf Föhr ist die Situation ähnlich. Auch dort ist noch einiges zu haben. Die Ferienwohnungsvermittlerin Anja Petersen rechnet nicht damit, dass die Insel zum 1. Mai komplett ausgebucht sein wird. „Es hat einige Stornierungen gegeben wegen der Auflagen, die mit dem Modellprojekt verbunden sind – zum Beispiel wegen der Testungen“, sagt sie.

Jugendherberge Hörnum auf Sylt plant offenbar eine Öffnung

Nordfriesland hat durchaus noch mehr zu bieten. Das Meer bucht auch mit, wer zum Beispiel in Husum Quartier nimmt: der pittoreske Hafen direkt vor der Haustür, die Nordsee nur eine kurze Radtour entfernt. „Es gibt überall noch freie Unterkünfte“, sagt Jutta Albert, die freundliche Geschäftsführerin der Husum Tourismus GmbH. Etwa 80 Prozent der Hoteliers und 40 Prozent der Ferienhausvermieter machen beim Modellprojekt mit. Jutta Albert freut sich auf den 1. Mai. „Wir scharren ja schon seit Ewigkeiten mit den Hufen“, sagt sie.

Und die Jugendherbergen im Kreis Nordfriesland? Gesichert ist derzeit nur, dass die Friedrichstädter Einrichtung beim Modellprojekt mitmacht. Dort gibt es auch noch freie Zimmer. Die Jugendherberge Hörnum auf Sylt plant offenbar ebenfalls eine Öffnung. Die Westerländer Einrichtung bleibt geschlossen. Dort ist Personal für die insularen Corona-Testzentren untergebracht. Für Sylt mit seinem notorischen Unterkunftsmangel ist das eine wichtige Unterstützung.

Auch das Wetter macht beim Modellprojekt mit. Für den 1.  Mai sind bis zu 13 Stunden Sonne angesagt. Spielraum gibt es noch bei der Höchsttemperatur: Derzeit sind es 11 Grad Celsius.