Lübeck. Am Tag des Notrufs gibt die Polizei-Leitstelle in Lübeck per Twitter Einblicke in ihren Alltag. Dabei sind auch skurrile Einsätze.
„In Reinbek fehlt einem Pkw seit Kurzem etwas ganz Wichtiges: das Auto ist aufgebrochen und das Lenkrad wurde offenbar gestohlen. Schauen wir uns an.“ Mit Meldungen wie dieser haben Mitarbeiter der Integrierten Regionalleitstelle (RLS) Süd der Polizei am Freitag Einblicke in ihren Arbeitsalltag gegeben. Beinahe im Minutentakt posteten die Beamten aus der Leitstelle über den Kanal der Polizei Schleswig-Holstein auf der Kommunikationsplattform Twitter – mal mit einem Augenzwinkern, mal sachlich-nüchtern.
Mitarbeiter der Polizeileitstelle teilen per Twitter ihren Alltag
Anlass für den Twitter-Marathon war der erste bundesweite Tag des Polizei-Notrufs 110. „Ziel der Aktion ist es, die Vielfältigkeit der polizeilichen Arbeit darzustellen“, sagt Stefan Muhtz, Sprecher der Polizeidirektion Lübeck. „Wir möchten zeigen, in welchen Bereichen die Beamten täglich tätig sind und welche Hilfe- und Serviceleistungen die Kollegen erbringen.“
Ähnliche Aktion gibt es bereits seit einigen Jahren für Notruf 112
In den Fokus gerieten meist kriminalpolizeiliche Einsätze, während die Unterstützung der Polizei in vielen anderen Dingen, einige spektakuläre Fälle ausgenommen, wenig Aufmerksamkeit erhalte. Eine ähnliche Aktion gibt es mit dem sogenannten „Twitter-Gewitter“ bereits seit mehreren Jahren für die Rettungsleitstellen und Feuerwehren am europäischen Tag des Notrufs 112, der seit 2009 jährlich am 11. Februar begangen wird.
Jedes Jahr gehen bei der Leitstelle mehr als 200.000 Notrufe ein
Von der Polizeizentrale in Lübeck aus werden die Einsätze in den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein sowie in der Stadt Lübeck selbst koordiniert. Die RLS ist damit für rund 890.000 Menschen verantwortlich. Bei der Leitstelle gehen jedes Jahr mehr als 200.000 Notrufe ein. Ein Großteil davon resultiert in Einsätzen. Etwa 180.000 Mal im Jahr rücken die Polizeibeamten in den drei Kreisen und der kreisfreien Stadt aus.
60 Beamte sind in der Lübecker Zentrale der Polizei tätig
Bei den 60 Mitarbeitern der Leitstelle handelt es sich um Polizistinnen und Polizisten, die größtenteils jahrelange Einsatzerfahrung haben. Während jeder Schicht haben sieben bis zehn Beamte Dienst. „Bei Bedarf und bei besonderen Einsatzlagen kann die Zahl aber auch schnell aufgestockt werden“, sagt Polizeisprecher Muhtz. Insgesamt zehn Stunden lang, von 11 bis 21 Uhr, versorgten die Mitarbeiter der Leitstelle die Twitter-Gemeinschaft mit Tweets zu den aktuellen Einsätzen. Auch auf der Plattform Instagram konnten Interessierte die Aktion verfolgen.
Es sind auch skurrile Einsatzmeldungen dabei
Die Einsätze, die die Beamten mit den Nutzern der Sozialen Netzwerke teilten, waren thematisch breit gestreut. Ein Auffahrunfall auf der Autobahn 24 bei Schwarzenbek, Ladendiebstahl in Barsbüttel, kiffende Jugendliche in Ahrensburg und ein „Zusammenstoß von Bus und Straßenlaterne“ in Ostholstein gehören zu den weniger außergewöhnlichen Sachlagen. Doch es gibt auch einige wirklich skurrile Einsatzmeldungen. Zum Beispiel eine Dame unbekannten Wohnortes, die zu Protokoll gibt, sie habe „ein Problem mit meinem Mann“, nur um sofort wieder aufzulegen.
Beamte müssen Streit zwischen Grundschülern in Geesthacht schlichten
Auf der Lübecker Luisenstraße sind einem Augenzeugen zufolge mehrere Hühner unterwegs, doch ehe die Polizisten eintreffen haben diese „die Flucht ergriffen und sind unerkannt entkommen“, wie die Leitstelle mit einem Augenzwinkern twittert. Bereits am Freitagvormittag müssen die Beamten einen Streit zwischen Grundschülern in Geesthacht schlichten. In Lübeck randaliert zur selben Zeit ein Schüler, der nicht akzeptieren möchte, dass er der Prüfung verwiesen wurde. Er war beim Mogeln erwischt worden. „Schummeln lohnt sich nicht“, kommentiert die Polizei.
Eigentlich ist die 110 nur für klassische Notsituationen gedacht
„Die 110 ist natürlich vorrangig für klassische Notfälle gedacht, aber wir unterstützen auch in anderen Situationen, in denen eine Person Hilfe benötigt“, sagt Muhtz. „Natürlich gibt es auch Menschen, die den Notruf vorsätzlich missbrauchen, aber grundsätzlich schadet es nicht, lieber einmal zu viel anzurufen als einmal zu wenig.“ Muhtz sagt: „Wir sind für jede Form von Beobachtungen und Zivilcourage dankbar.“ Das gelte auch für Zeugenhinweise. „Natürlich ist die 110 eigentlich nicht dafür gedacht, sondern die Polizeidienststellen vor Ort sollten die erste Anlaufstelle sein“, sagt er. Gleichzeitig seien die Polizeibeamten dankbar, wenn sich Zeugen von Straftaten überhaupt meldeten. „Jeder Tipp ist wertvoll“, betont Muhtz.
Zeugenhinweis ermöglicht Festnahme gesuchter Person in Ahrensburg
Einen solchen Fall, in dem ein Zeuge einen entscheidenden Hinweis über die 110 lieferte, gab es auch am Freitag. Von einem Anrufer aus Ahrensburg erhielt die Leitstelle einen Tipp zu einer Person, die die Polizei per Haftbefehl suchte. „Die Personenbeschreibung und die Nennung des Aufenthaltsortes haben den Kollegen vor Ort die Festnahme ermöglicht“, so Muhtz. Warum die Person gesucht wurde, wollte er mit Verweis auf die Ermittlungen nicht sagen.
270.000 Menschen sehen die Tweets bis zum Nachmittag
Bis Freitagnachmittag um 16.30 Uhr hatten die Mitarbeiter der Polizeizentrale bereits 116 Tweets abgesetzt. Rund 270.000 Menschen sahen die Meldungen bis dahin auf Twitter an, 30.000 via Instagram. „Wir freuen uns über diese enorme Resonanz“, sagt Muhtz. Die Leitstelle wolle die Aktion im kommenden Jahr wiederholen.