Frankfurt/Main. Auf der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga soll über einheitliche Maßnahmen für eine eingeschränkte Rückkehr von Zuschauern in die Bundesliga-Stadien entschieden werden. Unerwartet gibt es ein weiteres Thema: Die Deckelung der Spielergehälter.
Ein altes Streitthema sorgt überraschend für neuen Diskussionsstoff im deutschen Profi-Fußball. Die Deckelung der Millionengehälter wird in zwei Gutachten des Bundestages als realisierbar angesehen.
Bei vielen der 36 Bundesligaclubs, die am Dienstag (ab 11.00 Uhr) während der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga in einer Videokonferenz vor allem über einheitliche Maßnahmen für eine eingeschränkte Rückkehr von Fans in die Stadien entscheiden wollen, dürfte die Nachricht in Zeiten der Existenzängste Hoffnung wecken.
"Das ganze Geschäftsmodell des Fußballs stand durch die Corona-Krise mit einem Schlag auf der Kippe", sagte Thomas Oppermann, Initiator der Gutachten und Vizepräsident des Bundestages, der "Süddeutschen Zeitung". Der SPD-Politiker ist von der Zulässigkeit einer Gehaltsobergrenze (Salary Cap) überzeugt. Die Chance darauf sei nun "schwarz auf weiß" dokumentiert: "So viel Rückenwind für eine vernünftige Regelung des Spielermarktes gab es noch nie."
Bisher hatte das Argument, die Gehaltsbegrenzung sei nicht mit dem EU-Recht vereinbar, die Debatte meist schnell beendet. Oppermanns Gutachten könnten sie wieder befeuern. "Grundsätzlich hat man gemerkt, dass in der Zeit seit März, seit der Corona-bedingten Unterbrechung der Saison und ihren finanziellen Folgen, bei vielen Clubs eine Art Umdenken stattfand", sagte Alexander Rosen, Sportchef der TSG 1899 Hoffenheim. Ob ein Salary Cap durchsetzbar sei, wisse er nicht: "Aber man darf sich Gedanken machen über den Prozess."
Bestätigt sieht DFB-Präsident Fritz Keller seine Einstellung zu diesem Thema. "Ich habe bereits vor einigen Wochen in meinem Fünf-Punkte-Plan für mehr Nachhaltigkeit im Fußball auch auf die Sinnhaftigkeit von Gehaltsobergrenzen sowie eine sinnvolle wirtschaftliche Regulierung des Fußballs hingewiesen", erklärte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes auf dpa-Anfrage. "Wir sind ebenfalls der Überzeugung, dass eine Selbstregulierung durch den Fußball die beste Lösung ist", sagte Keller. "Eine solche Lösung kann aber nur erfolgreich sein, wenn daraus eine europäische Initiative wird, und da wollen wir die UEFA in einer starken Führungsrolle gerne unterstützen."
Dagegen hält der frühere Präsident von Bayern München, Uli Hoeneß, nichts von einer Begrenzung der Gehälter. "Das wird nicht funktionieren", sagte er im Interview mit der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Bei der G14, dem früheren Zusammenschluss der großen europäischen Clubs, habe man mal ein Gentlemen’s Agreement geschlossen, sich gegenseitig die Spieler nicht wegzukaufen. "Bis zur nächsten Sitzung hatten wieder zwei von den Größten den anderen was weggeholt", sagte er. Da haben man das wieder beendet.
Eine Einführung eines Salary Caps nur in der Bundesliga wird im Gutachten als "wenig zielführend" angesehen. Da auch die Europäische Kommission einer rechtliche Regelung von sich aus "eine Klare Absage" erteilt habe, liege es an der Europäischen Fußball-Union, durch für mehr Chancengleichheit durch niedrigere Löhne zu sorgen. Die UEFA wollte auf dpa-Anfrage die Gutachten bislang nicht kommentieren.
Während die Entwicklung einer juristisch tragfähigen Regelung für einen Salary Cap ein Schneckenrennen bleiben wird, dürfte das Bestreben der DFL und der Clubs, die Stadiontore in der am 18. September beginnenden Saison wieder eingeschränkt für Zuschauer zu öffnen, ein Wettlauf mit der Verbreitung des Coronavirus bleiben.
Skepsis und Bedenken, dass angesichts der steigenden Zahl an Neuinfektionen in Deutschland - am Montag waren es 509 - die Rückkehr der Fans zu Tausenden verantwortbar ist und das DFL-Konzept das Infektionsrisiko verringern würde, wachsen. "Wie kann man so etwas verantworten. Die Politiker werden schnell kalte Füße kriegen, wenn sich die Lage verschlechtert", sagte der Pharmakologe Fritz Sörgel.
Die neue Spielzeit soll mit der ersten DFB-Pokalrunde vom 11. bis 14. September beginnen. Eine Woche später ist der Start von Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga vorgesehen.
Trotz des im DFL-Leitfaden vorgesehenen Stehplatz- und Alkoholverbots bis zum 31. Oktober sowie des geplanten Ausschlusses von Gästefans bis zum Jahresende hält er von möglicherweise bis zu 50 Prozent gefüllten Stadien nichts. "Das sind Maßnahmen, die generell dazu gehören", sagte Sörgel. "Das Besondere wäre gewesen, wenn die DFL gesagt hätte, wir fangen mit zehn Prozent Zuschauer an und wenn es nach drei Spielen gut geht, halten wir inne." Bei den Geisterspielen sei es gut gegangen, aber das sei eine künstliche Welt gewesen: "Jetzt wird es eine reale Welt."
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält Bundesligaspiele mit 25.000 Zuschauern ebenso "für sehr schwer vorstellbar" und für das "falsche Signal". Ähnlich äußerte sich der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). "Eine Vollbesetzung der Stadien noch in diesem Jahr halte ich für ausgeschlossen", meinte er.
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit halten dagegen eine Rückkehr der Fans in die Stadien grundsätzlich für vertretbar. "Man kann auch in Stadien Abstand halten und bei den Zugängen mittlerweile auch die Rudelbildung vermeiden", sagte Kubicki bei "Bild Live". Dass Stadien keine Besucher mehr aufnehmen sollten, sei für ihn "undenkbar".
Schmidt-Chanasit hält die Fan-Rückkehr in die Arenen trotz anfänglicher Skepsis für durchführbar. "Wir haben alle Möglichkeiten, das technisch umzusetzen", sagte er. Das könne auch als Pilot ablaufen, so wie das für die Clubs geplant werde. "Dann wird man sehen, ob das funktioniert."
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