Barsbüttel. Politik stimmt gegen Umbau der Rahlstedter Straße und sieht Polizei in der Pflicht. Die kann das Problem ohne Gemeinde nicht lösen.


Mit quietschenden Reifen und aufheulenden Motoren rasen sie um die Wette. Dutzende Menschen stehen am Straßenrand und bejubeln die Fahrer, die binnen kürzester Zeit ihre Autos von null auf hundert beschleunigen. Szenen wie diese sind im Barsbütteler Gewerbegebiet keine Seltenheit. Seit Jahren nutzen Cruiser die Rahlstedter Straße zwischen Möbel Höffner und Bauhaus als Rennstrecke. Dabei bringen die Fahrer nicht nur sich, sondern auch die Zuschauer in Lebensgefahr. Ein Problem, dass es zu lösen gilt – darin sind sich Polizei und Gemeinde einig. Doch wessen Problem die nächtlichen illegalen Autorennen sind, darüber gehen die Meinungen auseinander.

„Personalmangel bei Polizei kann nicht der Grund sein, dass Gemeinde handeln muss“

Bei der Sitzung des Planungsausschusses debattierten jetzt die Politiker darüber, ob die Straße verengt werden soll, um sie so unattraktiver für Cruiser zu machen. 30.000 Euro koste es, Betonpfeiler rechts und links der je zweispurigen Fahrbahnen aufzustellen. Autofahrer wären dann gezwungen, quasi im Slalom zu fahren. Doch soweit kommt es nicht. Die Mehrheit der Ausschussmitglieder stimmte gegen die Baumaßnahme. Die Politiker sehen die Polizei in der Pflicht, nicht die Gemeinde. Auch Bürgermeister Thomas Schreitmüller sagt: „Die deutlich zu dünne Personaldecke bei der Polizei kann nicht letztlich der Grund sein, dass die Gemeinde handeln muss.“

„Wir werden keinen Cent Steuergeld für den Umbau der Rahlstedter Straße ausgeben.“ Klaus-Jürgen Krüger, SPD-Fraktion
„Wir werden keinen Cent Steuergeld für den Umbau der Rahlstedter Straße ausgeben.“ Klaus-Jürgen Krüger, SPD-Fraktion © HA | Verena Künstner

Deswegen fordert Schreitmüller von der Landespolizei, für mehr Personal zu sorgen. Doch Eggert Werk, Chef des Polizeireviers in Reinbek und damit auch für Barsbüttel zuständig, wehrt ab: „Auch wenn ich 15 Mitarbeiter mehr hätte, würden wir das Pro­blem nicht in den Griff bekommen.“ Der Polizist ist zur Sitzung gekommen, um auch die Politik in die Pflicht zu nehmen. „Wir werden das Problem nicht mit eigenen Kräften lösen können. Das bekommen wir nur mit der Gemeinde hin“, so der Polizeichef. Er sieht auch die Ordnungsbehörde in der Pflicht. „Wenn es immer wieder an einer Kreuzung Unfälle gibt, dann stellt doch auch nicht die Polizei eine Ampel auf, das ist Aufgabe der Gemeinde.“

Ein Katz-und-Maus-Spiel, das die Polizei nicht gewinnen kann

Werk erklärt die Grundproblematik: „Hamburg hat eine große Cruiserszene. Die Polizei dort geht verstärkt dagegen an, sodass die Fahrer auf das Umland ausweichen.“ Natürlich verfolge die Polizei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. „Doch es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das wir nicht gewinnen können.“ Denn die Cruiser hätten Wachposten, die vor Polizei warnen. Und die illegalen Rennen fänden immer zu unterschiedlichen Zeiten statt. Um den Cruisern eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nachzuweisen, müsste die Polizei das Rennen beobachten. Ansonsten könne sie nur Platzverweise aussprechen. „Einmal habe ich die Bereitschaftspolizei aus Eutin angefordert“, erzählt Werk. „Aber in jener Nacht ist nichts passiert.“

Die Polizei hat bereits seit vielen Jahren das Cruiser-Problem im Süden Stormarns. Zunächst wich die Szene nach Reinbek an die Gutenbergstraße aus. Die Straße wurde dann baulich verändert. Die Cruiser mussten sich eine neue Rennstrecke suchen und wurden in Oststeinbek und Wentorf fündig. Auch dort griffen die Gemeinden ein und veränderten die Straßen. Nun hat Barsbüttel das Problem.

„Wir werden keinen Cent Steuergeld für den Umbau ausgeben“, sagt Klaus-Jürgen Krüger (SPD): „Fakt ist: Es sind illegale Rennen. Die Gefahr geht nicht von der Straße aus. Die ist rechtmäßig eingerichtet, mit allen Siegeln, die es gibt.“ Der SPD-Politiker mahnt auch, dass mit einem Umbau die Gemeinde einen Garantieverfall für die 200.000 Euro teuere Straße hätte. „Zudem sehen wir auch eine Gefahr für Lkw und Busse, die dann im Slalom fahren müssten.“

„Wir werden das Problem nicht mit eigenen Kräften lösen können. Das bekommen wir nur mit der Gemeinde hin.“ Eggert Werk,Polizeichef in Reinbek
„Wir werden das Problem nicht mit eigenen Kräften lösen können. Das bekommen wir nur mit der Gemeinde hin.“ Eggert Werk,Polizeichef in Reinbek © Julia Sextl | Julia Sextl

Auch die Mehrheit der CDU-Vertreter spricht sich dagegen aus. „Bauliche Maßnahmen sind nicht sinnvoll, um Straftaten zu ermitteln und zu verfolgen“, sagt Harald Seeler, der von einem Verdrängungseffekt spricht. „Um das Problem zu lösen, muss ein Dienststellenleiter auch mal mehr Personal anfordern“, so der CDU-Politiker. „Da sprechen Sie uns aus dem Herzen“, sagt Jürgen Müller von der BfB (Bürger für Barsbüttel): „Wir geben kein Geld aus wegen ein paar Verrückter. Und nicht dafür, dass die Polizei das Problem nicht in den Griff bekommt.“

Lediglich der Ausschussvorsitzende Wolfgang Böckmann (CDU) stimmte dafür, die Rahlstedter Straße umzubauen. „Mit 30.000 Euro können wir verhindern, dass es Tote oder Verletzte gibt.“ Vor einiger Zeit habe Barsbüttel für das Zehnfache, für 300.000 Euro, ein Regenrückhaltebecken eingezäunt, um Kinder zu schützen. „Damals haben wir uns nicht auf die Aufsichtspflicht der Eltern berufen“, sagt Böckmann. Polizeichef Eggert Werk sagt am Ende: „Wir müssen die Entscheidung der Politik akzeptieren und werden weiter wie gewohnt kontrollieren.“