Hamburg. Die Scheitern der Grünen bei der Wahl zur Bezirksamtsleiterin in Eimsbüttel zeigt erneut: Wenn es ernst wird, schwächelt die Partei
Nein, es ist natürlich nicht das erste Drama dieser Art. Dass Kandidaten bei geheimen Abstimmungen nicht alle Stimmen aus einer gesichert scheinenenden Mehrheit bekommen, ist keine Seltenheit. Zuletzt musste auch Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei seiner Wahl in der Bürgerschaft auf drei Stimmen aus der Koalition verzichten. Darüber allerdings redet niemand mehr, denn seine Mehrheit war ja groß genug.
Was Grünen und CDU jetzt in Eimsbüttel passiert ist, hat da eine andere Dimension. Denn das Scheitern der Grünen Katja Husen bei der Wahl zur Bezirksamtsleiterin kann gleich auf drei Ebenen Auswirkungen auf die Landesebene und damit auf die Bürgerschaftswahl und den kommenden Senat haben.
Grüne verspielten schon in Mitte leichtfertig ihre Position
Erstens ist es schon das zweite Mal, dass die Grünen demonstrieren, dass sie mit der großen Verantwortung, die ihnen die Wähler in Bezirken übertragen haben, nicht professionell umzugehen wissen. Schon im Bezirk Mitte haben sie ihre Rolle als stärkste Fraktion leichtfertig verspielt.
Durch eine Mischung aus Hilflosigkeit und Dilettantismus provozierte die Parteiführung dort die Spaltung der Fraktion und den Wechsel von sechs Abgeordneten zur SPD. Ergebnis: Die SPD regiert mit CDU und FDP, und ein SPD-Mann bleibt Bezirksamtsleiter.
Wenn man eine Machtdemonstration plant, muss sie funktionieren
Auch in Eimsbüttel scheiterten die Grünen nun dabei, die neu gewonnene Macht zu nutzen. Mit der Brechstange wollte man eine eigene Bezirksamtsleiterin durchsetzen – ohne Ausschreibung und durch Abwahl eines beliebten SPD-Amtsinhabers, den man einst mit ins Amt gewählt hatte.
Um die eigene, eher links zu verortende Kandidatin ins Amt zu hieven, nahm man sich (ausgerechnet) die CDU als Partner. Hauptsache, die eigene Parteigängerin bekommt den Job sofort, so das Motto. Das ist zwar per se nicht verwerflich, denn das Amt ist wichtig für die Umsetzung eigener Politik. Aber wenn man so eine Machtdemonstration schon plant, dann muss sie auch funktionieren.
Womit die Grünen in Hamburg bereits scheiterten
Das Scheitern wirkt nun wie ein weiterer Beleg dafür, dass Grüne gern versagen, wenn es um das geht, was man im Tennis die „Big Points“ nennt. Die Älteren erinnern sich, wie die Grünen zwischen 2008 und 2010 im Bündnis mit der CDU gleich drei der dicksten Punkte ins Netz droschen: Sie brachen ihr Wahlversprechen, das Kraftwerk Moorburg zu verhindern. Sie scheiterten bei der Einführung der Primarschule. Und sie fuhren die Stadtbahn gegen jede Wand, die sich zwischen Eppendorf und Winterhude finden ließ. Mitte und Eimsbüttel lassen den Verdacht aufkommen, dass sich an der grünen Umsetzungsschwäche seither nichts geändert hat. Das könnte Freunde grüner Verkehrs- oder Klimapolitik abhalten, der Partei bei der Bürgerschaftswahl die Stimmen zu geben.
Zweitens ist Eimsbüttel kein gutes Signal für Kooperationen von Grünen und CDU. Dass diese Bündnisse nicht zuverlässig arbeiten, hat sich nach dem Koalitionsbruch 2010 erneut bestätigt. Das könnte die Machtoptionen für beide einschränken – zugunsten der SPD.
Selten war eine Bürgerschaftswahl unberechenbarer
Und drittens beschädigt das, was in Eimsbüttel und Mitte passiert, das ohnehin nicht mehr gute Verhältnis zwischen SPD und Grünen weiter. SPD-Leute übergießen die Grünen jetzt mit Häme – und die entwickeln eine immer tiefere Abneigung gegen die Genossen. Das könnte eine Fortsetzung der von den Hamburgern bevorzugten Koalition beider Parteien nach der Wahl erschweren.
Eines zeigt all das auch: Selten war eine Bürgerschaftswahl weniger berechenbar. Das gilt nicht nur für das Stimmenergebnis. Es gilt auch dafür, was die Parteien daraus machen. In welcher Konstellation Hamburg von 2020 an regiert wird, ist offener denn je.