Geesthacht. Geesthacht. Wenn ein Kind am Wochenende krank wird, haben Geesthachter lange Wege. Cindy Spalkhaber fordert eine Notfallpraxis für Kinder.
Drei Kinderärzte praktizieren in Geesthacht – zu wenig, meinen viele Eltern. Denn die Wartezimmer in den Praxen sind oft voll. Richtig eng wird es allerdings, wenn Babys und Kleinkinder in den Abendstunden, am Wochenende und an Feiertagen krank werden. Denn dann haben die niedergelassenen Spezialisten Feierabend, und weder in der Notaufnahme des Johanniter-Krankenhauses noch in der dortigen Anlaufpraxis sind regelmäßig Kinderärzte vor Ort – eine Situation, die Cindy Spalkhaber ändern möchte.
Die zweifache Mutter hat eine Petition gestartet, mit der sie eine Notfallpraxis für Babys und Kinder in Geesthacht fordert. Zwei Monate lang können Befürworter die Idee noch über die Plattform openpetition.de
unterstützen. Kommen 570 Stimmen zusammen, bekommt Bürgermeister Olaf Schulze (SPD) die Forderung auf den Tisch, um sie in die Politik hineinzutragen. Stand Freitag 17.30 Uhr, gab es bislang 39 Unterstützer.
116117 – Norfallnummer ist erste Wahl
„Als Mutter ist man einfach gestresst, wenn das Kind krank ist und man nicht einordnen kann, ob die Situation gefährlich ist“, beschreibt die 27-Jährige das Gefühl, das sie im September beschlichen hat und zur Petition führte. Die Situation: Spalkhabers einjähriger Sohn bekommt plötzlich starken Ausschlag. Es bilden sich dicke Quaddeln, die Haut des Kindes schwillt an. „Meine ältere Tochter hatte, als sie klein war, einen ähnlichen Ausschlag – und das war eine allergische Reaktion. Ich war wirklich verunsichert, zumal mein Einjähriger ja nicht sagen konnte, ob er Luft bekommt“, sagt Cindy Spalkhaber.
Weil alle Kinderarztpraxen geschlossen sind, ruft die Mutter den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung an – das richtige Vorgehen, wie KV-Sprecher Delf Kröger bestätigt. Denn die Notfallnummer 116 117 wurde genau für solche Fälle eingerichtet. Kröger: „Die Fachleute dort können eine erste Einschätzung geben und sagen, was weiter zu tun ist.“
Nach erster Einschätzung Verlegung zum Spezialisten
Spalkhaber wird der direkte Weg zum Kinderarzt empfohlen. Das Problem: Alle Praxen haben geschlossen. Die für Geesthacht zuständige kinderärztliche Bereitschaftspraxis ist in Ratzeburg – also eine knappe Autostunde entfernt. Wer wie Spalkhaber auf Bus und Bahn angewiesen ist, fährt vom Geesthachter ZOB bis zur Bereitschaftspraxis sogar etwa zwei Stunden. Die Mutter geht darum in die Notaufnahme des Johanniter-Krankenhauses. „Dort sagte man mir gleich, dass die Ärzte nicht zuständig sind“, berichtet die 27-Jährige. Ein Mediziner schaut den Jungen dennoch an – und schickt die Familie weg.
Johanniter: Kinderarzt kümmert sich um Neugeborene
„Wenn ein Kind schlechte Vitalzeichen hat, sehen das die Internisten in der Notaufnahme natürlich – und dann schicken sie es nicht weg“, betont Sylvia Ziesmann-Busche, Sprecherin des Johanniter-Krankenhauses, das nur für die Versorgung der Säuglinge auf der Geburtsstation eine Kinderarzt-Kooperation mit dem Krankenhaus Lüneburg hat. Nach einer ersten Einschätzung würden junge Patienten in akuter Gefahrenlage in der Notaufnahme stabilisiert und dann per Rettungswagen zum nächsten Krankenhaus mit Kinderstation gebracht – von Geesthacht aus nach Lüneburg oder Rahlstedt.
Ist die Situation weniger brenzlig, müssten die Familien selbst fahren. „Die Spezialisierung im medizinischen Bereich ist weit vorangeschritten – und das hat Sinn. Es gibt einfach Krankheitsbilder, die bei Kindern häufiger sind, als bei Erwachsenen. Was man nicht oft sieht, fällt auch schwerer einzuordnen“, erklärt Johannes Jubitz, Facharzt für Anästhesie und Notfallmedizin, der Ärztliche Leiter der Geesthachter Notaufnahme.
Bereitschaftspraxis für Kinder ist Zusatzleistung
Die KV rät dennoch, bei weiten Distanzen mit Kindern zunächst allgemeinärztliche Anlaufpraxen (im Kreis in Geesthacht, Ratzeburg, Großhansdorf) anzusteuern. Dass das Netz der kinderärztlichen Bereitschaftspraxen weitmaschiger ist, habe System: Kinderärzte, die am Wochenende bei Krankheiten helfen (für den Kreis in Ratzeburg sonnabends, sonntags und feiertags von 10 bis 14 Uhr), sollen an eine Kinder-Krankenhausstation angegliedert sein. Zudem seien kinderärztliche wie augenärztliche Bereitschaftspraxen ein Angebot, zu dem die KV nicht verpflichtet ist.
„Ich denke, die Ärzte haben alle richtig gehandelt – darum geht es mir nicht. Aber es sind sehr weite Wege, die man im Moment mit einem kranken Kind machen muss. Eine Notfall-Praxis in Geesthacht würde helfen“, wirbt Cindy Spalkhaber um Unterstützung.