Mögliche Fusion der Reederei mit Arabern wirkt sich auf gesamte Hamburger Wirtschaft aus
Nach mehr als sieben Jahren Krise nimmt der Konsolidierungsprozess in der internationalen Handelsschifffahrt jetzt Fahrt auf. Reedereiallianzen werden durcheinandergewirbelt und neu zusammengesetzt. Mächtige Akteure verschwinden vom Markt oder gehen in anderen Unternehmen auf. Es ist nur folgerichtig, dass Deutschlands größte Containerrederei Hapag-Lloyd dabei darum kämpft, den Anschluss nicht zu verpassen.
So setzt das traditionsreiche Unternehmen vom Ballindamm nur zwei Jahre nach dem Zusammenschluss mit der chilenischen Reederei Compañía Sudamericana de Vapores (CSAV) nun auf eine Fusion mit der von den arabischen Golfstaaten kontrollierten United Arab Shipping Company (UASC). Die UASC ist bisher nicht gerade als Qualitätsreederei aufgefallen, hat aber für Hapag-Lloyd einen unschätzbaren strategischen Wert: Sie bietet den Hamburgern den Zugang zu den außergewöhnlich großen Containerschiffen mit einer Kapazität von 20.000 Standardcontainern, ohne dass Hapag-Lloyd riskante Investitionen in den ohnehin schon von Überkapazitäten geprägten Markt vornehmen muss.
Die gesamte Branche schaut darauf, was da gerade am Ballindamm passiert. Aber was geht es alle anderen Hamburger an, die sich nicht für internationale Containerschifffahrt interessieren? Nun, eine ganze Menge. Es sei daran erinnert, dass Hamburgs Steuerzahler mit 1,1 Milliarden Euro an Hapag-Lloyd beteiligt sind. Und wenn die Reederei sich durch den Zusammenschluss stärken und ihre Marktstellung vergrößern kann, dann ist das aus Sicht der Anteilseigner besser, als wenn sie Boden verliert.
Die Kritik an Hamburgs Engagement bei Hapag-Lloyd war in der Vergangenheit groß. Der Staat habe sich aus dem Reedereigeschäft herauszuhalten, hieß es. Nun ist es gerade dem starken Engagement der Stadt zu verdanken, wenn Hamburg auch weiterhin der Sitz der Reederei ist. Die Chilenen und die Ölscheichs dürften darauf keinen gesteigerten Wert legen. Der Senat tut es.
Warum? Weil er Hapag-Lloyd für systemisch, also für unverzichtbar für den maritimen Standort hält. Und das ist der zweite Grund, warum dieser Zusammenschluss alle Hamburger angeht und nicht nur die 2000 Mitarbeiter des Unternehmens in der Stadt. Hapag-Lloyd sorgt für 13 Prozent des Ladungsaufkommens im Hamburger Hafen. Zusammen mit dem Ladungsaufkommen der Partnerreedereien in der bisherigen Allianz G6 sind es sogar 40 Prozent. Das Containerterminal Altenwerder, das zu einem Viertel Hapag-Lloyd gehört, wird durch die alte Reederei-Allianz G6 komplett ausgelastet. Zählt man Festmacher, Schlepper und sonstige Dienstleister hinzu, sind 5500 Arbeitsplätze im Hafen von Hapag-Lloyd abhängig.
Die G6 ist bald Geschichte. Die Allianz bricht gerade auseinander. Deshalb ist es für Hamburg essenziell, dass Hapag-Lloyd bei einem neuen Zusammenschluss darüber mitentscheiden kann, ob der Hamburger Hafen ein Hauptanlaufpunkt der Handelsflotte bleibt. Durch den Zusammenschluss mit UASC bekommt Hapag-Lloyd diese Stärke. Es geht bei dem Fusionspoker also nicht nur um Hamburgs Traditionsreederei, sondern um Auswirkungen für den gesamten Wirtschaftsstandort. Zumal noch völlig unklar ist, welche Rolle alle anderen Allianzen künftig unserem Hafen zuschreiben. So gesehen geht alles, was auf den Weltmeeren derzeit passiert, alle Hamburger an.
Die Stadt steht zugleich in der Pflicht: Soll Hapag-Lloyd künftig die Riesenfrachter mit 20.000 Containern den Fluss hinaufleiten, muss die Stadt zuvor endlich die Elbvertiefung durchgefochten haben. Sie wird dringender denn je gebraucht.