Lohbrügge. Anfang 2021 sollen erste Mieter in das neue Quartier ziehen. Anwohner kritisieren Höhe des Neubaus: „Passt nicht hierher.“

Sie gehörte zu den Erstbeziehern im Jahre 1968 des Wohnblocks an der Perelsstraße 1-7, einer Mehrfamilienanlage der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (vhw). In all den Jahren hat Gisela Feuersenger ihren Garten mit Blickrichtung Leuschnerstraße immer genossen. Die ehemalige Postangestellte vergrößerte mit der Zeit Terrassen- und Rasenfläche, liebt den Blick auf Tulpen, Kirschlorbeer und Rhododendron. Doch seit Kurzem verschwindet das Sonnenlicht etwa um 17 Uhr hinter einer viergeschossigen Hauswand. Denn gegenüber entsteht das neue Wohnquartier am Rappoltweg.

Des einen Freud, des anderen Leid: „Unsere Bauvorhaben in Lohbrügge schreiten trotz der Corona-Pandemie planmäßig voran“, sagt Anne Katharina Groß von der vhw, die das neue Quartier realisiert und damit ihren alten Mitgliedern quasi ein Stück Lebensqualität nimmt. Schon im Januar 2021 sollen die ersten von insgesamt 100 Wohnungen bezogen sein. In den Häusern Dohnanyiweg 3a-b und 5 – hier entstehen 42 Service-Wohnungen (50 bis 75 Quadratmeter) – ist der Rohbau abgeschlossen. Aktuell läuft der Innenausbau. In den Gebäuden Rappoltweg 3-7 und Leuschnerstraße 107 (58 Wohnungen, 50 bis 106 Quadratmeter) werden derzeit Fenster eingebaut, wird an den Fassaden gearbeitet. Spätestens im zweiten Quartal 2021 sollen hier Singles, Paare und Familien ihr neues Zuhause finden. Zudem gibt es eine Tiefgarage mit 42 Stellplätze. Wohnungsinteressenten schauen auf www.vhw-hamburg.de.

Bauherren gab Verschattungsstudie in Auftrag

So weit, so gut – wäre da nicht der Unmut der alten vhw-Mitglieder an der Perelsstraße. Die 84-jährige Gisela Feuersenger hat von ihren Nachbarn gehört, „dass die Mieter in den Nummern 5 bis 7 wirklich direkt gegen die Wand des Neubaus Rappoltweg 3-7 blicken.“ Und ein 45 Jahre alter Nachbar von Gisela Feuersenger, der anonym bleiben möchte, ist total sauer: „Wir haben jetzt fast gar kein Tageslicht mehr.“

Offiziell ist das allerdings nie weitergegeben worden. „Uns liegen keine Beschwerden zur Verschattung aus der Perelsstraße vor“, sagt vhw-Sprecherin Groß und verweist auf eine Verschattungsstudie, die die vhw in Abstimmung mit dem Bezirksamt bei einem Ingenieurbüro in Auftrag gegeben habe. „Dort wurde in Verschattungssimulationen, ausgehend von einem dreidimensionalen Modell für Gebäudefassaden und Freiflächen, die Dauer bestimmt, über welche an einem bestimmten Tag Flächen direkt von der Sonne beschienen werden“, erklärt Anne Katharina Groß. Dies sei an zwei Stichtagen geschehen, am 17. Januar und am 23. März. Die Daten seien mit den Mindestbesonnungsstunden zu diesem Datum verglichen worden und richten sich streng nach der einschlägigen DIN 5034 „Tageslicht in Innenräumen“. Auch bei der Höhe der Neubauten habe die vhw an die Nachbarschaft gedacht. In Abstimmung mit dem Bezirk habe man sich auf maximal fünf Geschosse geeinigt.

Erste Gewerbefläche vergeben

Das befriedet Gisela Feuersenger und ihre Nachbarn keineswegs, bleibt der Blick auf ewig verstellt. „Das frühere Einkaufszentrum Rappoltweg hat mich nie gestört, das war auch nur ein Stockwerk hoch. Das neue Gebäude passt einfach nicht nach Lohbrügge-Nord.“ Vielleicht aber, und das wollen die Nachbarn des neuen Quartiers nicht ausschließen, können sie dem Bauprojekt doch noch etwas abgewinnen. Etwa dann, wenn auf den ebenfalls zum zweiten Quartal 2021 fertiggestellten 400 Quadratmetern Gewerbefläche ein kleiner Supermarkt oder ein Kiosk hinzieht. Hier stehe die vhw unmittelbar vor einem ersten Vertragsabschluss mit einem „Anbieter aus dem Gesundheitsbereich“, so Groß.