Reinbek.. Reinbek. Vom Fahrsimulator bis zum Hörgerät: Zwei Tage lang haben Senioren im Schloss erfahren, wie man gelassen älter wird.


Ohne rosarote Brille, aber mit wachem Blick ist Dr. Heiner Garg am Sonnabend über die Seniorenmesse Viva Seniores im Reinbeker Schloss gegangen. Was bei den Organisatoren besonders gut ankam: „Dr. Garg hat sich Zeit genommen, an vielen Ständen lange Gespräche geführt. Und er hat versprochen, nächstes Jahr wiederzukommen. Er hat erkannt, dass die Messe kein Kokolores ist“, freut sich Mitorganisator Kurt Martens. Zusammen mit dem schleswig-holsteinischen Sozialminister war er später sogar in die Fotobox geklettert, um mit XXL-Brille und venezianischer Maske Erinnerungsfotos zu schießen. Die Botschaft: Eine Seniorenmesse darf vor allem eins: Spaß machen!

Mehr als 40 Aussteller dabei

Mehr als 40 Aussteller – vom Seniorenheim über Rechtsanwälte und Hörgeräteakustiker bis hin zu Bestattungsunternehmen, Reinbeker Feuerwehr und den Lerntieren von Verena Neuse – hatten ihre Stände am Wochenende im Schloss aufgestellt. Ein Informationsangebot, das auch den Sozialminister beeindruckte. „Um dem Alter gelassen entgegensehen zu können, sind Informationen und Wissen wichtig und hilfreich. Vor allem ist es ungemein beruhigend zu wissen, wo man die Ansprechpartner und Unterstützungsangebote finden kann, wenn sie tatsächlich gebraucht werden“, sagte er.

Haushaltshilfen aus Osteuropa

Eine Unterstützung braucht Hans-Werner Stahl derzeit noch nicht. Aber der 87-jährige, pensionierte Schlachter möchte vorbereitet sein, wenn es so weit ist. Deshalb informierte er sich am Stand von „Die Perspektive“ aus Wentorf über die Möglichkeit, später von osteuropäischen Haushaltshilfen im Alltag unterstützt zu werden. „Bei mir wohnen könnte die Dame jedoch nicht, weil ich kein zusätzliches Zimmer habe“, sagt der Reinbeker. Kein Problem, weiß Geschäftsführerin Angela Lehnert, die seit zehn Jahren Erfahrung in der Branche hat. „Oft wohnen die Haushaltshilfen in möblierten Zimmern, verbringen den Tag über mit den Senioren“, weiß sie. Aber: „Die Kräfte sind keine Krankenpflegerinnen im medizinischen Sinne. Sie helfen den älteren Menschen, den Alltag in ihren eigenen vier Wänden zu meistern“, betont sie.

Regen Zulauf hatte nicht nur ihr Stand, sondern auch die vielen Fachvorträge. Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht, Testamente – diese Themen interessierten viele. „Wir merken, dass eine große Rechtsunsicherheit herrscht. Gleichzeitig ist aber auch das Bewusstsein dafür gestiegen. Plötzlich interessieren sich die Menschen für solche Themen, auch die Jüngeren“, hat Organisator Kurt Martens beobachtet.

Digitale Hinterlassenschafen verwalten

Ein Thema, das für viele derzeit noch nicht präsent ist, ist die Verwaltung ihres digitalen Nachlasses. „Ich bin nicht in den Sozialen Medien, da gibt es nicht viel, was verwaltet werden müsste“, war auch Tanja Lange (45) überzeugt. Im Gespräch mit Bestatter Hendrik-C. Maier stellte sich jedoch schnell heraus, dass auch die Gardinenfachfrau viele Spuren im Netz hinterlässt. Amazon, Ebay, Paypal, Netflix, Whatsapp, eine E-Mail-Adresse, Online-Konten bei Versandhäusern – die Datenmenge ist groß. „Wir arbeiten als Bestatter mit einer Firma zusammen, die all diese Daten im Todesfall löscht“, erklärt der 36-jährige Bestatter.

Sessel hilft beim Aufstehen

Greifbarer waren für viele Besucher die Sessel, die das Möbelhaus Deubelius mitgebracht hatte. Die werden auf die Maße des Kunden angepasst, lassen sich per Knopfdruck in viele Positionen verstellen, inklusive Aufstehhilfe. „Hilfreich und bequem“, fand Jutta Hofmann (79).

Immer noch fahrtüchtig?

Platz genommen haben viele auch im Fahrsimulator des Vereins „Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr“. Dort konnten die Fahrer testen, wie sicher sie hinter dem Lenkrad sind. Eberhard Güntzel hat den Test mit Bravour bestanden. „Würde ich aber merken, dass ich nicht mehr sicher bin, würde ich meinen Führerschein abgeben und mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren“, sagte der 75-Jährige, während im Hintergrund der Chor „Oldies but Goldies“ dem schlechten Wetter mit Popsongs trotzte.