Immer montags: Der Fragebogen an die Abendblatt-Autoren, deren Namen Sie fast jeden Tag in der Zeitung lesen. Heute: Matthias Iken.


Ich bin Journalist geworden, weil:

Journalist sein immer noch besser als arbeiten ist. Ich bin in einer Zeit groß geworden, als Reporter in den Büchern und Filmen noch saufende Draufgänger waren und nicht predigende Weltverbesserer.


Meine großen Themen sind:

Eigentlich nur zwei unerschöpfliche Themen: Was muss sich in dieser Stadt ändern? Und was bitte nicht?


Ein Text über mich sollte mit folgendem Satz beginnen:

Ohne Worte: Journalisten sollten Texte schreiben, aber sich nicht in den Mittelpunkt der Berichterstattung drängen.


Drei Dinge, die ich an Hamburg und dem Norden am meisten schätze:

Die Menschen, das Bodenständige, das Understatement.


Drei Dinge, die in Hamburg


und im Norden besser werden müssen:

Das Wetter. Das Wetter. Und das Wetter.


Demnächst würde ich gern mal


ein Interview führen mit:

Dem Papst.


Das wären meine wichtigsten Fragen:

Darf man katholische Schulen schließen?

Ist es klug, an der Zukunft zu sparen um der Vergangenheit willen?

Und wann beginnen die Sondierungen mit den Protestanten?


Der interessanteste Interviewpartner, den ich bisher hatte:

Waren derer zwei. Mit meiner Kollegin Maike Schiller durfte ich die Klassen­kameraden Wolf Biermann und Klaus-Michael Kühne zu einem langen Gesprächsnachmittag treffen. Daraus wurden faszinierende Geschichtsstunden.


Die schwierigste Geschichte,


die ich recherchieren musste:

Im September 2001 verschwand ein neunjähriger Junge aus einem Landschulheim in Wulsbüttel. Sein Mörder war ein Pädagoge, der als Maskenmann mehrere Jungs missbraucht und ermordet hat. „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“, wusste schon Nietzsche.


An diese Geschichte von mir denke ich gern zurück:

Einmal im Jahr ist mein wichtigstes Arbeitsmittel nicht der Rechner, sondern der Wanderschuh. Zu Fuß erlaufe ich mir Sylt, Hamburgs Osten, den 10. Längengrad, das Elbufer oder die Marathonstrecke. Das erdet.


Das spannendste Ereignis, bei dem


ich als Journalist dabei sein durfte:

Der G-20-Gipfel. Große Politik und noch größere Gewaltlust. Wer dabei war, wundert sich über die nachträgliche Geschichtsklitterung derer, die in diesen Juli-Tagen eine höchst zweifelhafte Rolle spielten.


Im letzten Leserbrief, den ich bekomme habe, ging es um:

Nachhaltig beeindruckt haben mich lange handschriftliche Briefe zu meiner Michel-Meditation am 24. Dezember. Das waren berührende persönliche Schilderungen, die eine eigene Geschichte erst komplettieren. Danke dafür!


Wenn ich etwas anderes beim


Hamburger Abendblatt machen


könnte, dann wäre ich gern:

Chefredakteur


Wenn ich Chefredakteur des Hamburger Abendblatts wäre, würde ich:

Lars Haider als Co verpflichten. Mit wem soll ich mich denn sonst streiten?


Neben dem Hamburger Abendblatt lese ich zum Beispiel folgende Zeitungen/Zeitschriften:

Die „FAZ“, die „Welt“ und zum Abgleich unbedingt die „taz“! „Mopo“, „Bild“. Die Stadionzeitung „Viva St. Pauli“. Den „Spiegel“, „Brand eins“, „Cicero“, das Alpenvereinsmagazin „Panorama“ – und was mir sonst am Kiosk ins Auge springt.


Die sozialen Medien sind für mich:

Sie gehören dazu. Und doch erinnert mich Facebook an die drei Siebe des Sokrates: Ein Mann lief aufgeregt zum Philosophen, um ihm eine Geschichte zu erzählen. Doch ehe er beginnen konnte, fragte Sokrates, ob das Erzählte durch die drei Siebe passe: Das Sieb der Wahrheit – ist es wahr? Das Sieb der Güte – ist es gut? Das Sieb der Notwendigkeit – ist es wichtig? Danach war Schweigen.


Meine größte Leidenschaft ist:

Meine Familie und der FC St. Pauli. Ich habe mich zweimal lebenslänglich verpflichtet – bei meiner Hochzeit und beim Kartenverkauf. 2005 machte der Club ein besonderes Angebot: Für 1910 Euro bis zum Lebensende auf der Gegengerade stehen. Was gab es da zu überlegen? Ja! Und ja!


Im Moment lese ich folgendes Buch: Thea Dorns wunderbaren Roman „Die Unglückseligen“, eine geistreiche Spielerei mit Sprache und Wissenschaft. Ein unsterblicher Romantiker aus dem 18. Jahrhundert trifft ausgerechnet in einem US-Supermarkt eine Molekularbiologin, die den Tod überwinden will.


Mein Lieblingsrestaurant ist:

Mittags gehe ich gern ins Trific an der Holzbrücke 7 – vom Schreibtisch zum gedeckten Tisch sind es fünf Minuten. Unschlagbar ist die marinierte Rote Bete mit Ziegenkäse, Chicorée und Nüssen.


Meine Lieblingsplätze in Hamburg sind:

Schlag nach beim Blonden Hans:

„Die Elbe, der Michel, der Kurs

ist immer gut/St. Pauli, die Freiheit,
das liegt uns so im Blut/

und hat das Lebensschiff ein Leck

in Hamburg bleiben wir an Deck

in Hamburg, da bleiben wir an Deck“


Das mache ich, wenn ich nicht arbeite: Die Antwort weiß Friedrich Nietzsche: „In allen Augenblicken, wo wir unser Bestes tun, arbeiten wir nicht. Arbeit ist nur ein Mittel zu diesen Augenblicken.“